Wie viel Offenheit ist sinnvoll? Wem sage ich was?
Ob man seine Erkrankung am Arbeitsplatz offen anspricht und wie viel man der Chefin bzw. dem Chef oder den Kollegen und Kolleginnen anvertraut, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Wie deutlich sichtbar sind die Hautläsionen? Wie selbstbewusst kann oder will ich mit meiner Erkrankung umgehen? Wie ist das Betriebsklima? Wie viel Empathie und Verständnis kann ich erwarten? Inwiefern schränkt mich die Erkrankung ggf. bei meinen beruflichen Tätigkeiten ein? Diese Fragen sollte man zunächst für sich beantworten. „Auf jeden Fall sollten Psoriasis-Patientinnen und Patienten ihr enges Umfeld versuchen aufzuklären – Freundinnen bzw. Freunde und Kolleginnen bzw. Kollegen zum Beispiel. Man sollte sagen, dass Psoriasis nicht ansteckend ist und man in hautärztlicher Behandlung ist. Also, zu verstehen geben, dass man sich um seine Psoriasis kümmert,“ rät Prof. Uwe Gieler, Facharzt für Dermatologie und Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg zu einer möglichst offenen Kommunikation.
Um die Erkrankung besser zu verstehen, sollten Außenstehende wissen, dass Psoriasis …
- eine nicht-ansteckende, chronische Erkrankung ist.
- schubweise auftritt, ausgelöst durch verschiedene Triggerfaktoren (auslösende Faktoren) wie beispielsweise Hautreizungen durch bestimmte Duftstoffe, Reinigungsmittel oder Verletzungen, mechanische Belastung, aber auch durch Stress.
- mit einem ausgeprägten Juckreiz sowie zum Teil auch starken Schmerzen verbunden ist.
- Auswirkungen auf die Psyche haben und von Stimmungsschwankungen bis hin zu einer Depression führen kann.
Mobbing am Arbeitsplatz: Strategien zur Gegenwehr und Unterstützung
Aus Unkenntnis und Vorurteilen gegenüber einer andersartigen Haut resultieren häufig Konflikte. Die meisten Menschen mit Psoriasis – insbesondere bei schwerem Befall an schlecht zu verdeckenden Hautpartien wie Kopf und Händen – kennen solch stigmatisierende Erlebnisse im Alltag, ob in der Öffentlichkeit oder auch am Arbeitsplatz. Während Stigmatisierung meist schon durch entsprechende Aufklärung über die Erkrankung aufgebrochen werden kann, kann Mobbing unter Kolleginnen bzw. Kollegen zu einer echten Belastungsprobe werden. Je länger Betroffene die Situation einfach hinnehmen, umso schlimmer wird es in aller Regel. Oft erscheint die Offensive in Form einer offenen Aussprache mit den mobbenden Kolleginnen bzw. Kollegen als der einzige Ausweg. Trägt ein offenes Wort keine Früchte, ist es ratsam, im nächsten Schritt die Vorgesetzte bzw. den Vorgesetzten und unter Umständen auch die Personal- bzw. Betriebsrätin oder den Personal- bzw. Betriebsrat einzuschalten. In schwerwiegenden Fällen ist unter Umständen schon zum Selbstschutz therapeutische Unterstützung empfehlenswert und notwendig.
Die „Bitte berühren“-Redaktion sprach mit Dorothee Czennia, Referentin für Behinderung beim Sozialverband VdK Deutschland e.V., die folgendes empfiehlt:
Im Falle eines erlebten Mobbings sollte man so früh wie möglich reagieren und Anspielungen, Bemerkungen oder das Verbreiten von Gerüchten über sich nicht einfach ignorieren. Stattdessen sollte man den Kolleginnen und Kollegen frühzeitig zur Rede stellen und freundlich in die Schranken weisen. Man kann auch andere Kolleginnen und Kollegen ins Vertrauen ziehen, ihnen die Situation schildern und überlegen, wie diese in solchen Situationen unterstützen können. Bessert sich die Situation nicht, kann man z.B. die Betriebsrätin bzw. den Betriebsrat hinzuziehen und auch die Vorgesetzte bzw. den Vorgesetzten informieren. Man sollte erklären, dass das Mobbing-Verhalten nicht nur persönlich verletzend ist, sondern auch die Arbeit im Team insgesamt beeinträchtigt. Die Führungskraft sollte dann mit allen Beteiligten ein Gespräch führen und mit klaren Regeln dafür sorgen, dass das Mobbing aufhört. Geht es dennoch weiter, ist es ratsam ein Mobbing-Tagebuch zu führen und die Vorfälle schriftlich festzuhalten. Eine solche Dokumentation kann in einem eventuellen späteren Arbeitsgerichtsverfahren unterstützend sein. Auch therapeutische Hilfe kann bei Mobbing eine wertvolle Stütze sein.
Gutes Betriebsklima und Selbstfürsorge: Balsam für Körper und Seele
Stress ist ein wichtiger Trigger für vermehrte Hautläsionen und Schübe. Nicht umsonst berichten viele Betroffene, dass ihre Psoriasis erstmals in einer psychisch besonders belastenden Situation aufgetreten ist. Spannungen am Arbeitsplatz erhöhen das Stresslevel und befeuern auf diese Weise auch die Erkrankung. Ein gutes Betriebsklima mit einem entspannten Verhältnis zu Kollegen und Kolleginnen und Vorgesetzten hingegen wirkt sich nicht nur positiv auf die Psyche aus, sondern lässt häufig auch die Haut zur Ruhe kommen. Darüber hinaus gilt auch hier ebenso wie bei „Hautgesunden“: Wer sich in seinem Job wohlfühlt, ist motivierter und leistungsfähiger. Da es unabhängig von Unstimmigkeiten auf persönlicher Ebene natürlich in jedem Unternehmen mal hoch hergeht, sollten Betroffene ihre Freizeit bewusst nutzen, um genügend „Auszeiten“ zu nehmen. Dabei können Entspannungsübungen oder Sport ebenso hilfreich sein wie schöne Erlebnisse mit Freundinnen bzw. Freunden und Familie. Hauptsache man/frau fühlt sich gut dabei.
Sozialverband VdK: Dein Partner für sozialrechtliche Fragen:
Der Sozialverband VdK bietet seinen 2 Millionen Mitgliedern sozialrechtliche Beratung und ist vor den Behörden der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit vertretungsberechtigt. Für die Durchführung der Beratungen und des Rechtsschutzes sind die VdK-Landesverbände zuständig, die hierzu Rechtsberatungsstellen vor Ort unterhalten. Auch die Beratung und Vertretung bei der Feststellung einer Behinderung/Schwerbehinderung gehört zu den Leistungen des VdK. Die für dich zuständige VdK-Geschäftsstelle findest du über die Startseite des VdK-Bundesverbands www.vdk.de oder über den Direktlink www.vdk.de zur Geschäftsstellensuche über die Postleitzahl oder den Wohnort.
Psoriasis kann im Berufsalltag eine Herausforderung sein, aber du bist diesen Herausforderungen nicht hilflos ausgeliefert. Mit einem offenen und selbstbewussten Umgang, der Aufklärung deines Umfelds, der Kenntnis deiner Rechte und der Unterstützung von Experten kannst du Stigmatisierung und Mobbing entgegenwirken und ein positives und unterstützendes Arbeitsumfeld schaffen.
In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und das dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Psoriasis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!