Psoriasis und Berufswahl: Ist der Traumjob „Hautsache“?
Trotz Vorurteilen und Unwissenheit ist die Berufswahl mit Psoriasis nicht grundsätzlich eingeschränkt.
Erfolgsgeschichte: Erzieher mit Psoriasis
Florian Ingenillem, seit seiner Jugend an Psoriasis erkrankt, ist Erzieher in einer Kindertagesstätte – seinen Traumjob übt er mit Leidenschaft aus, trotz Hauterkrankung. „Kinder nehmen kein Blatt vor den Mund, gleichzeitig nehmen sie ihr Gegenüber aber auch so an, wie es ist, nämlich als Mensch“, berichtet der junge Mann aus seiner Erfahrung. Seine Psoriasis spielt hier keine Rolle. Dass die Hauterkrankung seine Berufswahl einschränken könnte, stand für ihn nie zur Debatte.
Freie Berufswahl mit Psoriasis: was ist möglich?
Psoriasis bedeutet nicht grundsätzlich, in der Entscheidung für eine bestimmte berufliche Karriere eingeschränkt zu sein. Für Prof. Swen Malte John, Leiter der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitswissenschaften der Universität Osnabrück, ist das eine klare Sache: „Grundsätzlich sind die meisten Berufe auch mit Hauterkrankungen sehr wohl ausübbar. Es bedarf lediglich entsprechender Präventionsmaßnahmen und Aufklärung.“ Wer sich vorab umfassend informiert, weiß, welche Herausforderungen der jeweilige Job mit sich bringt und kann auf dieser Grundlage eine solide Entscheidung treffen.
Herausforderungen bei der Berufswahl mit Psoriasis: Triggerfaktoren
Die Frage, die sich Menschen mit Psoriasis in Bezug auf die Berufswahl stellen sollten, lautet daher nicht nur „Welcher Job passt zu mir?“, sondern auch „Welche Herausforderungen bin ich für meinen Traumjob bereit zu meistern?“. Trotz der Tatsache, dass Betroffenen theoretisch alle Türen offenstehen, bleibt die Frage nach der praktischen Vereinbarkeit mit der Erkrankung. Denn es gibt einige Berufe, die mit sogenannten Triggerfaktoren verbunden sind. Diese wirken sich negativ auf die Haut aus und können Schübe der Psoriasis begünstigen.
Zu den sogenannten Triggerfaktoren gehören:
- Häufiger Kontakt mit Wasser und anderen Flüssigkeiten
- Extreme klimatische Bedingungen (z. B. feucht-warme Umgebung, sehr hohe/niedrige Temperaturen, starke Temperaturschwankungen)
- Regelmäßiger Kontakt mit Chemikalien, Reinigungs- und Lösungsmitteln
- Häufige Desinfektion der Hände
- Luftundurchlässige Uniformen und Berufskleidung (Feuchtigkeitsstau)
- Psychische Dauerbelastung (Stress)
Lösungen für die Triggerfaktoren im Berufsalltag:
Für die meisten Triggerfaktoren gibt es jedoch eine Lösung, beispielsweise in Form entsprechender Schutzkleidung. Aber nur wer die Triggerfaktoren kennt, kann auch darauf reagieren.
Die Qual der Wahl: Worauf kommt es bei der Berufswahl mit Psoriasis an?
Die eigenen Stärken und Fähigkeiten, persönliche Neigungen sowie Interessen bei der Wahl von Ausbildung und Beruf sollten bei der Berufswahl immer im Fokus stehen. Dennoch gibt es Berufe, die sich unter Umständen weniger für Menschen mit Psoriasis eignen als andere, beispielsweise aufgrund erheblicher mechanischer Belastung wie es bei Bau- und Handwerkerberufen der Fall ist. Die Knie einer Fliesenlegerin bzw. eines Fliesenlegers sind z.B. einer besonders großen Belastung ausgesetzt. „Hier kann jedoch mit entsprechenden Schutzmaßnahmen wie gepolsterten Knieschützern, Handschuhen oder ähnlichem eine Verringerung der Belastungen erreicht werden“, so Prof. John.
Herausforderung Kundenkontakt mit Psoriasis
Neben den rein körperlichen Herausforderungen sollten sich Betroffene auch mit etwaigen psychischen Belastungen auseinandersetzen, beispielsweise in Berufen mit regem Kundenkontakt oder gar im Rampenlicht. Prominente Beispiele dafür, dass mit Psoriasis sogar eine Film- oder Modelkarriere möglich ist, sind die Schauspieler Sky du Mont, Romy Schneider und Marlene Dietrich. Berufe mit direktem Kundenkontakt erfordern allerdings einen sehr selbstbewussten Umgang mit der Erkrankung. Grenzen existieren aus hygienischen Gründen bei einigen Lebensmittel verarbeitenden Berufen, wenn eine ausgedehnte Psoriasis vorliegt. Dazu gehören Köchin bzw. Koch, Gastronomieservice, Bäcker bzw. Bäckerin, Konditor bzw. Konditorin und Fleischer bzw. Fleischerin. Heute stehen Patientinnen und Patienten jedoch moderne und wirksame Therapien zur Verfügung, mit denen eine nahezu erscheinungsfreie Haut ein realistisches Therapieziel ist. Dadurch verbessern sich für viele auch die beruflichen Möglichkeiten.
Umgang mit Psoriasis im Berufsalltag: Sag ich’s oder sag ich’s nicht?
Hat man sich für einen Beruf entschieden, so stellt nach der Bewerbung das Vorstellungsgespräch meist eine Hürde dar. Das gilt für Hautgesunde ebenso wie für Menschen mit Psoriasis. Viele Personen mit Psoriasis stellen sich jedoch spätestens jetzt die Frage, wie sie am besten mit ihrer Erkrankung umgehen. Eine Verpflichtung, die Psoriasis offen anzusprechen, gibt es laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht. Das bedeutet, rein rechtlich betrachtet müssen Betroffene ihre Psoriasis bei einer Bewerbung und einem Vorstellungsgespräch nicht angeben. Fakt ist jedoch: Wer von Anfang an mit offenen Karten spielt, beugt Vorurteilen vor und kann den Berufseinstieg positiv beeinflussen, auch im Hinblick auf ein vertrauensvolles Verhältnis zur Arbeitgeberin bzw. zum Arbeitgeber und zu Kolleginnen und zu Kollegen. Darüber hinaus schadet es nicht, ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn, obwohl es sich bei Psoriasis mit rund zwei Millionen Betroffenen allein in Deutschland nicht gerade um eine seltene Erkrankung handelt, ist das Wissen darüber vergleichsweise gering. Letztlich ist es eine individuelle Typfrage, wie offen man mit seiner Erkrankung umgehen kann und möchte. Dabei macht es natürlich einen Unterschied, wie stark ausgeprägt und wie offensichtlich die geröteten, schuppenden Hautstellen sind.
Florian Ingenillem hat sich ganz bewusst dafür entschieden, über seine Erkrankung zu sprechen und damit gute Erfahrungen gemacht:
„Dank meiner aktuellen Therapie bin ich erscheinungsfrei, und wenn ich doch mal sichtbare Hautstellen habe, erkläre ich es den Kindern und spreche offen darüber. Das finde ich sehr wichtig, denn die meisten Vorurteile entstehen aus Unwissenheit.“
– Florian
Der Weg zum Traumjob trotz Psoriasis
Psoriasis ist nicht heilbar und kann für Betroffene mitunter sehr belastend sein, ein echtes Hindernis für die Berufswahl muss die nicht ansteckende, chronisch-entzündliche Hauterkrankung jedoch nicht sein. Daher steht dem Traumjob meist nichts im Wege. Selbst eine Verbeamtung auf Lebenszeit ist möglich, wenn es sich um eine reine Psoriasis ohne Gelenkbeteiligung und Anzeichen einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit handelt.
Tipps für die Berufswahl mit Psoriasis:
- Information ist das A und O: Informiere dich umfassend über das Berufsfeld und mögliche Triggerfaktoren.
- Sei mutig und lass dich nicht von deiner Psoriasis ausbremsen.
- Kläre dich über Psoriasis auf und schaffe eine Vertrauensbasis im Kollegenkreis.
Unterstützung bei der Berufswahl mit Psoriasis:
- Berufsinformationszentren der Agentur für Arbeit
- Job- und Ausbildungsmessen
- Industrie- und Handelskammer
- Sozialverband VDK
- Gespräch mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin
Psoriasis ist kein Hindernis für den Traumjob. Mit Information, Mut und einem offenen Umgang mit der Erkrankung kannst du deine beruflichen Ziele erreichen.
In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und das dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Psoriasis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!