Neurodermitis-Ursachen: Ein komplexes Zusammenspiel
Die genaue Entstehung einer Neurodermitis ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft noch nicht bis ins letzte Detail geklärt, fest steht allerdings: DIE eine Ursache gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich um ein komplexes Wechselspiel unterschiedlicher Faktoren. Eine zentrale Rolle dabei spielt die genetisch bedingte Störung der natürlichen Schutzbarriere der Haut in Kombination mit einem überaktiven Immunsystem.1,2 Da die Neurodermitis zu den atopischen Erkrankungen gehört, reagiert das Immunsystem Betroffener besonders überempfindlich auf normale Umwelteinflüsse. Die gestörte Hautbarriere wiederum ist dafür verantwortlich, dass Menschen mit Neurodermitis eine viel trockenere Haut haben als „Hautgesunde“.
Die Rolle der Hautbarriere: eine natürliche Schutzfunktion
Bei Menschen mit Neurodermitis kann die Haut ihre natürliche Funktion zum Schutz vor äußeren Einflüssen sowie die Regulation des Wasserhaushaltes nicht vollständig wahrnehmen. Eine Schlüsselrolle spielt in diesem Zusammenhang das Strukturprotein Filaggrin. Der genetisch bedingte Mangel an Filaggrin führt dazu, dass die schützende Barriere in der Oberhaut (Epidermis) nicht mehr optimal aufgebaut werden kann. In der Folge verliert die Haut viel Feuchtigkeit, trocknet aus, wird rissig und anfällig für Keime und Bakterien.3
Die gestörte Hautbarriere als Eintrittspforte für Krankheitserreger und Allergene
Wer wie die meisten Menschen im Winter an trockener Haut leidet, weiß aus eigener Erfahrung: Trockene Haut juckt und reagiert empfindlich auf äußere Einflüsse – besonders dann, wenn sie aufgekratzt wurde. Denn dann haben Krankheitserreger wie Bakterien, Viren und Pilze leichtes Spiel und können ungehindert eindringen. Aber auch andere Stoffe, sogenannte Allergene wie Blütenpollen, Tierhaare oder Haushalts- bzw. Kosmetikprodukte können durch die gestörte Hautbarriere leicht eindringen. Passiert dies das erste Mal, kann es zu einer Sensibilisierung kommen: Das Immunsystem macht sich bereit zum Angriff und produziert verstärkt Abwehrstoffe, sogenannte Immunglobulin E (IgE)-Antikörper. Diese richten sich dann gegen die zuvor eingedrungenen Allergene. Nachdem der Körper erneut mit diesem Auslöser in Kontakt kommt, können die neu gebildeten IgE-Antikörper an die eingedrungenen Allergene binden und durch die Abfolge einer Signalreaktion einen Entzündungsprozess auslösen. Dies geschieht, indem sie wiederum andere Immunzellen (Mastzellen) dazu anregen, entzündungsfördernde Stoffe auszuschütten.4 Entzündungen werden gefordert und die neurodermitischen Symptome verstärken sich. Was folgt ist ein Teufelskreis aus Jucken und Kratzen (Abb. 2). Die Haut ist anhaltend entzündet und ihre natürliche Barrierefunktion zunehmend geschwächt.5,6,7 Sichtbar wird dies anhand der typischen Ekzeme. Dabei unterscheidet man zwischen extrinsischer und intrinsischer Neurodermitis. Letztere tritt seltener auf und wird häufig auch als eine Art Vorstufe der extrinsischen Variante eingeordnet.
Neurodermitis Triggerfaktoren: Individuelle Auslöser
Faktoren, die einen Neurodermitisschub erstmals oder wiederkehrend auslösen können, werden auch als sogenannte Triggerfaktoren bezeichnet. Sie sind individuell und können sich im Laufe der Zeit verändern. Die meisten Menschen mit Neurodermitis reagieren auf: 1
- Falsche oder übermäßige Hautreinigung (z. B. häufiges Duschen bzw. Gebrauch von Seifen, Pflegeprodukten mit Duft- und Konservierungsstoffen)
- Zigarettenrauch und Umweltschadstoffe (z. B. Abgase)
- Kratzende Kleidung (z. B. aus Schurwolle oder Synthetikstoffen)
- Klimafaktoren (z. B. extreme Kälte, Trockenheit oder Schwüle)
- Psychische Belastungen (z. B. Stress, Leistungsdruck)
- Allergene (z. B. Pflanzenpollen, Tierhaare)
- Infektionen (z. B. durch Viren, Bakterien oder Pilze)
- Bestimmte Tätigkeiten und Berufe (Feuchtarbeiten, stark verschmutzende Arbeiten)
Triggerfaktoren sind individuell. Je besser man seine persönlichen Triggerfaktoren kennt, umso eher kann man sie meiden und die Erkrankung besser kontrollieren.
Kurz und knapp: Was du über Neurodermitis wissen solltest
- Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung. Sie wird in Fachkreisen auch als atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem bezeichnet.
- Neurodermitis entsteht durch ein komplexes Wechselspiel unterschiedlicher Faktoren. Hierzu gehören vor allem eine genetisch bedingte Störung der natürlichen Schutzbarriere der Haut sowie ein fehlgeleitetes Immunsystem, das übertrieben stark auf eigentlich harmlose Umweltfaktoren reagiert.
- Triggerfaktoren, die zum Auftreten einer Neurodermitis bzw. eines Schubs beitragen bzw. diese verstärken können, sind unter anderem: Duft- und Konservierungsstoffe, Zigarettenrauch, Umweltschadstoffe, kratzende Kleidung, Klimafaktoren, psychische Belastungen, Pflanzenpollen, Tierhaare und Infektionen.
Quellen
- 1 Leung DYM et al. J Clin Invest 2004r; 113(5): 651-657.
- 2 Eichenfield LF et al. J Am Acad Dermatol 2014; 70(2): 338-351
- 3 Allergieinformationsdienst. Neurodermitis oder atopisches Ekzem – was ist das?, online unter: https://www.allergieinformationsdienst.de/krankheitsbilder/neurodermitis/grundlagen.html [zuletzt abgerufen am 07.05.2025].
- 4 https://www.imd-berlin.de/spezielle-kompetenzen/allergie/diagnostik-der-typ-i-allergie-soforttyp [zuletzt abgerufen am 16.05.2025].
- 5 Hoffjan S und Stemmler S. Arch Dermatol Res 2015; 307(8): 659-70
- 6 Kim BE et al. Clin Immunol 2008; 126: 332-337.
- 7 Gandhi NA et al. Nat Rev Drug Discov 2016; 15: 35-50.