Was sind systemische Therapien?
Systemische Therapien bestehen aus Wirkstoffen, die im ganzen Körper (also im gesamten System) wirken. Sie gelangen aus ihrer Formulierung – das kann zum Bespiel eine Tablette, eine Infusion oder eine Injektion mittels Spritze oder Pen sein – in den Blutkreislauf.1 Diese Therapieform richtet sich an Betroffene mit mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis, bei denen die äußere Behandlung allein nicht mehr ausreicht.2
Wann ist eine systemische Therapie bei Neurodermitis sinnvoll?
Eine systemische Behandlung wird erwogen, wenn die topischen Behandlungen nicht ausreichend helfen und die Lebensqualität der Betroffenen durch starken Juckreiz oder großflächige Ekzeme erheblich eingeschränkt ist.2
Hinweis: Die äußerliche Therapie bleibt auch bei innerlicher Behandlung wichtig und insbesondere die Basistherapie wird meist begleitend fortgesetzt.
Innerliche Therapie der Neurodermitis
Für die innerliche Behandlung insbesondere der mittelschweren bis schweren Neurodermitis stehen in Deutschland neben oralen Glukokortikoiden (Kortison) Substanzen zur Verfügung, die das bei Neurodermitis aus den Fugen geratene Immunsystem regulieren. Grundsätzlich lassen sich diese systemischen Therapien in klassische und moderne Ansätze unterteilen.2
Klassische systemische Therapien
Klassische systemische Therapien wie orale Glukokortikoide (Kortison), Ciclosporin A und Methotrexat wirken breit und unterdrücken das Immunsystem als Ganzes. Sie kommen meist zum Einsatz, wenn ein rascher Therapieerfolg notwendig ist oder moderne Therapien nicht verfügbar oder nicht vertragen werden. Aufgrund ihrer unspezifischen Wirkung sind sie jedoch häufig mit stärkeren Nebenwirkungen verbunden und meist nur für einen begrenzten Zeitraum geeignet.
Orale Glukokortikoide (Kortison)
Orale Glukokortikoide beeinflussen die Entzündungsvorgänge in der Haut, indem sie die Bildung entzündungsfördernder Stoffe verhindern und die Bildung entzündungshemmender Stoffe anregen. Da die Wirkung relativ rasch einsetzt, eignen sich orale Glukokortikoide, um einen akuten Neurodermitis-Schub zu unterbrechen. Wegen möglicher Nebenwirkungen wie beispielsweise der Entwicklung von Diabetes mellitus, Grauem Star (Katarakt) oder Knochenschwund (Osteoporose) sind sie nur zur Kurzzeittherapie geeignet.2
Immunsuppressiva – Ciclosporin
Moderne systemische Therapien
Zu den modernen systemischen Therapien zählen vor allem Januskinase-Hemmer (JAK-Inhibitoren) und monoklonale Antikörper (Biologika). Beide Wirkstoffgruppen setzen an unterschiedlichen Stellen im Immunsystem an und führen zur Unterdrückung bestimmter Signalwege, die bei der Neurodermitis eine große Rolle spielen.3,4,5 Sie bieten außerdem oft eine bessere Langzeitverträglichkeit und ein geringeres Risiko für systemische Nebenwirkungen.6
Januskinase-Inhibitoren
Im Gegensatz zu Biologika, die die Entzündungsbotenstoffe an ihrer Entstehung hindern, setzen JAK-Hemmer etwas später an und verhindern, dass das Signal in die Zelle weitergegeben wird. Sie helfen wirksam gegen Juckreiz und können die Funktion der Hautbarriere verbessern – insbesondere bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis.2
Da JAK-Hemmer das Immunsystem beeinflussen, sind vor Beginn der Therapie und während der Anwendung regelmäßige Blutkontrollen notwendig. Mögliche Nebenwirkungen sind u. a. ein erhöhter Cholesterinspiegel, Infektionen der oberen Atemwege oder Kopfschmerzen. Welche Nebenwirkungen möglich sind, hängt vom jeweiligen Wirkstoff ab und sollte ärztlich besprochen werden.2
In Deutschland derzeit zugelassene JAK-Hemmer:
- Abrocitinib (Cibinqo®) zugelassen für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren
- Baricitinib (Olumiant®) zugelassen für Erwachsene und Kinder ab 2 Jahren
- Upadacitinib (Rinvoq®) zugelassen für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren
Monoklonale Antikörper (Biologika)
Vorteile dieser modernen Therapie sind ihre gezielte Wirkung und eine in der Regel bessere Verträglichkeit im Vergleich zu klassischen Immunsuppressiva. Trotzdem können Nebenwirkungen auftreten, etwa Reaktionen an der Einstichstelle, erkältungsähnliche Symptome, Kopfschmerzen oder Bindehautentzündungen. Welche Nebenwirkungen möglich sind, hängt vom jeweiligen Wirkstoff ab und sollte ärztlich besprochen werden.2
In Deutschland derzeit zugelassene Biologika:
- Dupilumab (Dupixent®): zugelassen für Erwachsene und Kinder ab 6 Monaten
- Tralokinumab (Adtralza®): zugelassen für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren

Dein nächster Schritt
Wenn du das Gefühl hast, dass deine Neurodermitis nicht ausreichend kontrolliert ist, sprich offen mit deiner Dermatologin oder deinem Dermatologen über systemische Behandlungsmöglichkeiten. Gemeinsam könnt ihr die Therapie finden, die am besten zu dir passt.
Tipp: Führe ein Symptomtagebuch und dokumentiere, welche Therapien dir wie geholfen haben. Das unterstützt eine fundierte ärztliche Entscheidung.
Kurz und knapp: Das Wichtigste zur innerlichen Therapie bei Neurodermitis
- Eine systemische Therapie wird bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis eingesetzt, wenn äußerliche Behandlungen wie Cremes nicht mehr ausreichen. Sie ist für Erwachsene und – je nach Medikament – auch für Kinder ab sechs Monaten geeignet.
- Die Therapie erfolgt unter ärztlicher Begleitung durch eine Hautärztin bzw. einen Hautarzt, der nach genauer Diagnostik das passende Medikament auswählt. Je nach Wirkstoff sind regelmäßige Laborkontrollen nötig.
- Ziel ist es, Entzündungen langfristig zu kontrollieren und die Lebensqualität deutlich zu verbessern. Die Entscheidung für eine systemische Behandlung sollte individuell und gemeinsam mit der Dermatologin oder dem Dermatologen getroffen werden.
- Dank moderner Behandlungsoptionen ist eine (nahezu) erscheinungsfreie Haut heute ein realistisches Behandlungsziel. Manchmal kann es sinnvoll sein, die aktuelle Behandlungssituation zu hinterfragen. Denn letztlich geht es darum, spürbar mehr Lebensqualität zu erfahren.
Quellen
- 1https://www.tk.de/techniker/krankheit-und-behandlungen/erkrankungen/behandlungen-und-medizin/arzneimittel-medizinische-hintergruende/tabletten-zaepfchen-tropfen-2021386?tkcm=aaus [zuletzt abgerufen am 20.05.2025].
- 2 Werfel T et al; S3 Leitlinie Atopische Dermatitis AWMF-Register-Nr.: 013-027, 2023
- 3 Bechman K et al. The new entries in the therapeutic armamentarium: The small molecule JAK inhibitors. Pharmacol Res 2019;147:104392
- 4 Seegräber M et al. Dupilumab for treatment of atopic dermatitis, Expert Rev Clin Pharmacol 2018;11(5):467–74
- 5Duggan S. Tralokinumab: First Approval. Drugs 2021;81(14):1657–63
- 6 Wollenberg A et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2018; 32:850–878.
- 7MeinALLERGIEPortal. JAK-Inhibitoren, online unter: https://www.mein-allergie-portal.com/allergie-wiki/3197-jak-inhibitoren.html [zuletzt abgerufen am 20.05.2025].
- 8 Boguniewicz M et al. Ann Allergy Asthma Immunol 2018; 120(1):10–22.