Dr. Schwichtenberg, welche Körperregionen sind häufig von der Neurodermitis betroffen? Und gibt es altersbedingte Unterschiede?

Ja, tatsächlich können je nach Alter unterschiedliche Körperbereiche von der Neurodermitis betroffen sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Ekzeme meist streckseitig an den Armen und Beinen. Aber auch an den Wangen und auf der Kopfhaut als sogenannter Milchschorf sind die Hauterscheinungen sehr häufig zu sehen. Wohingegen sich die klassischen Stellen bei Jugendlichen und Erwachsenen vor allem in beugebetonten Regionen wie Ellen- und Kniebeugen zeigen. Hautveränderungen im Gesicht und an den Händen sind auch durchaus üblich.

„Ekzeme können sich im Laufe des Lebens stark verändern. Patientinnen und Patien-ten können über längere Zeiträume Probleme in bestimmten Regionen haben, die sich dann verlagern, oder neue betroffene Stellen hinzubekommen. Also es ist jede Kombination denkbar. Im schlimmsten Fall ist die ganze Haut betroffen.“

– Dr. Schwichtenberg

Gibt es spezifische Auslöser, die Neurodermitis-Schübe an sichtbaren Arealen wie Händen und Gesicht begünstigen?

An sichtbaren Körperregionen wie dem Gesicht oder den Händen ist die Haut Umweltreizen gänzlich ausgesetzt, da sie dort häufig nicht durch Kleidung geschützt ist. Der direkte Kontakt zu potenziellen Auslösern kann dann vermehrt zu Neurodermitis-Schüben führen.

Diese Trigger können sich über das Jahr hinweg verändern. Während im Sommer oft Pollen und Hausstaubmilben Neurodermitis-Schübe auslösen, kämpfen Betroffene im Winter eher mit der Kälte und der trockenen Heizungsluft.

Aber auch übermäßiger Wasserkontakt kann beispielsweise Handekzeme begünstigen, sei es durch häufiges Händewaschen oder durch das Schwitzen beim Sport. Dabei wird der natürliche Fettfilm abgetragen und das Austrocknen der Haut begünstigt.

Wie können Neurodermitis-Betroffene die Ekzeme an den Händen, im Gesicht etc. behandeln?

Neurodermitis-Betroffene spielen eine entscheidende Rolle bei der Behandlung ihrer Ekzeme an den Händen und im Gesicht. Aufgrund der oft unzureichenden natürlichen Barriere der Haut müssen Betroffene selbst für diesen Schutz sorgen. Das bedeutet, dass der fehlende Fettfilm, den der Körper nicht ausreichend produziert, manuell aufgetragen werden muss. Das A und O liegt hier in der Regelmäßigkeit, da der Körper den Schutzfilm nicht aufrechterhalten kann.

„Die Essenz der Behandlung liegt darin, aktiv die Hautbarriere zu unterstützen, den Fettfilm regelmäßig aufzutragen und zu pflegen. Obwohl es mitunter lästig und im Arbeitsalltag teilweise schwer umsetzbar sein kann, ist die Pflege entscheidend für die Besserung von Neurodermitis-Symptomen.“

– Dr. Schwichtenberg

Gibt es bestimmte Branchen oder Berufe, bei denen die Haut von Menschen mit Neurodermitis besonders getriggert wird?

Es gibt durchaus Berufe, die bekannt dafür sind, dass sie eine Neurodermitis triggern können. Diese „hautbelastenden Tätigkeiten“ sind meist Jobs, bei denen die Hände intensiv benutzt werden. Oft stehen Betroffene dann besonderen Herausforderungen wie Feuchtigkeit und Schmutz gegenüber.

Berufe wie das Friseurhandwerk sowie der gesamte medizinische Bereich sind bekannt für feuchte Tätigkeiten, die den natürlichen Fettfilm der Haut reduzieren. Denn hier sind oft schwitzende Hände in Schutzhandschuhen, Desinfektionsmittel sowie Wasser im Spiel. Auch Handwerksberufe wie beispielsweise am Bau und in Metallhandwerk und Kfz-Technik sind oft aufgrund von Ölen, Fetten und schmutzigen Bedingungen herausfordernd.

Was können Betroffene unternehmen, wenn sie feststellen, dass beispielsweise ihr Handekzem aufgrund der Arbeitsbedingungen getriggert wird? Wen können sie ansprechen?

Wenn Betroffene feststellen, dass die ausgeführte Tätigkeit zur Verschlechterung des Handekzems führt, sollten sie ihre Dermatologin bzw. ihren Dermatologen aufsuchen. Aber auch die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt des Unternehmens ist eine passende Ansprechperson. Diese bzw. dieser erstellen dann einen standardisierten „Hautarztbericht“, der an die entsprechende Berufsgenossenschaft gesendet wird. Diese prüft, ob eine wesentlich berufliche (Teil-)ursache besteht und hat, dann die Aufgabe sicherzustellen, dass die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer im Job einsatzfähig und gesund bleibt.

„Allein die Tatsache, dass ein Handekzem vorliegt, lässt vermuten, dass es berufliche Bedingungen gibt, die die Hauterscheinungen verschlimmern. Auch wenn es sich um eine angeborene Hauterkrankung handelt, kann der Beruf eine wesentliche Rolle in der Ausprägung der Ekzeme spielen.“

– Dr.Schwichtenberg

Betroffene profitieren sehr vom frühzeitigen Einbezug der Berufsgenossenschaft. Denn neben Schulungen zum richtigen Umgang mit hautbelastenden Tätigkeiten, unterstützen sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Empfehlungen an den Arbeitgeber. So soll ein gesundheitsförderlicher Arbeitsplatz gewährleistet werden. Das entscheidende Ziel ist es, die richtigen Personen zu informieren und das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass ein Hautproblem besteht, das möglicherweise mit dem Beruf in Verbindung steht.

„Sobald die Berufsgenossenschaft involviert ist, übernimmt sie alle weiteren Kosten für die medizinische Betreuung, einschließlich benötigter Cremes, Salben und Pflegeprodukte.“

– Dr.Schwichtenberg

Was können Betroffene tun, wenn trotz ergriffener präventiver Maßnahmen keine Besserung des Hautzustandes eintritt?

Wenn trotz einer Verhaltensänderung der Betroffenen nicht der gewünschte Erfolg erzielt werden kann, besteht die Möglichkeit, dass die Berufsgenossenschaft den Arbeitsplatz von Experten besichtigen lässt. Diese überprüfen dann die vorliegenden Arbeitsbedingungen. Sollten diese ein Problem für die Hautgesundheit darstellen, kann die Berufsgenossenschaft als starker Partner den Arbeitgeber informieren und auffordern, festgestellte Probleme zu beheben.

Herr Dr. Schwichtenberg, vielen Dank für das Gespräch.

In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst, und zwar dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Neurodermitis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!