Frau Kahle, was macht der Deutsche Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB)? Wofür setzt er sich ein?
Unsere Arbeit ist in all diesen Jahren vor allem davon geprägt, dass wir tagtäglich den Patientinnen und Patienten mit Rat und Tat zur Seite stehen und sie mit ihren Fragestellungen, Ängsten und Sorgen ernst nehmen. Dazu können sie sich auf den unterschiedlichsten Wegen an uns wenden, z.B. per Telefon oder E-Mail. Vor Corona waren wir mit zwei Allergiemobilen in rund 300 deutschen Städten unterwegs – von Norderney bis München. Unser Ziel war es, als Ansprechpartnerinnen und -partner für die behandelnden Personen da zu sein.
„Wir beraten zu allen allergologischen Erkrankungen. Von Neurodermitis bis Asthma, Anaphylaxie, Kontaktallergien, Urtikaria – also wirklich das komplette Spektrum.“
– Frau Kahle
DAAB aber auch dafür ein, dass die Belange der Patientinnen und Patienten bei Institutionen und Behörden wahrgenommen werden. Wir möchten die Öffentlichkeit in jeglicher Form für die Themen der Betroffenen sensibilisieren und auf deren Bedürfnisse aufmerksam machen.
Welche Leistungen bietet der DAAB für Betroffene , Angehörige und Interessierte im Bereich Neurodermitis?
Wir bieten für jedermann umfassende Informationen zum Krankheitsbild Neurodermitis an, sowohl in Print als auch digital. Da kann sich jeder, der sich für dieses Thema interessiert, unabhängig davon, ob er oder sie selbst betroffen ist oder z.B. Lehrer von einem betroffenen Kind ist, informieren. Wir bieten darüber hinaus für diejenigen, die Mitglied beim DAAB sind, weitere, detaillierte Materialien an. Für Kinder haben wir beispielsweise das „Alleleland“ eingerichtet. Das ist eine Homepage mit Informationen speziell für die kleinen Betroffenen, die z.B. Neurodermitis haben. Hier wird Wissenswertes kindgerecht und spielerisch vermittelt.
Mitglied beim DAAB werden – Lebensqualität zurückgewinnen
Am einfachsten ist es, online Mitglied zu werden. Die Mitgliedschaft kostet jährlich 36,00 € und ist steuerlich absetzbar, da der DAAB ein eingetragener Verein ist. Mitglieder profitieren von einem umfassenden Beratungs- und Informationsangebot. Mehr dazu liest du hier.
Sie sind Diplom-Oecotrophologin und haben selbst Neurodermitis, können also das Thema „Ernährung bei Neurodermitis“ sowohl aus ernährungswissenschaftlicher als auch aus Sicht einer Betroffenen betrachten. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Krankheitsbild und dem, was Betroffene zu sich nehmen?
„Dank meiner eigenen Erfahrungen als Neurodermitis-Betroffene weiß ich, wie es anderen Patienten und Patientinnen geht und kann mich in der täglichen Beratung gut in sie hineinversetzen.“
– Frau Kahle
Die Ernährung kann sich nachteilig auf das Hautbild auswirken. Es gibt Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien, die eine Verschlechterung der Haut in Form eines Neurodermitisschubs erleben. Womit man allerdings als allererstes aufräumen muss, ist das Missverständnis, dass Neurodermitis immer mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit bzw. -allergie in Zusammenhang steht. Es gibt einen Großteil an Betroffenen, die sich ohne Einschränkungen ernähren können und das auch tun sollen, ohne dass die Ernährung einen Einfluss auf das Hautbild hat. Ich kann auf der einen Seite verstehen, dass es etwas ist, worauf die Betroffenen gern schauen, weil sich die Ernährung gut steuern lässt. Sie ist leichter zu beeinflussen als z.B. Stress, Pollenflug oder Hausstaubmilben. Nichtsdestotrotz ergibt es nicht für jedebetroffene Person Sinn, die Ernährung einzuschränken. Das ist nichts, was pauschal jede Person mit Neurodermitis betrifft.
Bei Neurodermitis bilden sich entzündliche Hautekzeme in Kombination mit einem quälenden Juckreiz. In der Hoffnung auf Besserung wird die Ernährung zum Teil massiv eingeschränkt. Wie stehen Sie zu Neurodermitis-Diäten?
„Eine pauschale Neurodermitis-Diät gibt es nicht!“
– Frau Kahle
Meiner Meinung nach gilt: So wenig weglassen wie möglich, so viel weglassen wie nötig. Es ist leider oft der Fall, dass Patientinnen und Patienten auf Lebensmittel verzichten, obwohl gar nicht der Nachweis erbracht wurde, dass diese Ursache für eine Hautverschlechterung sind. Oft meiden Betroffene bestimmte Nahrungsmittel wie z.B. Milch und Milchprodukte, Ei oder Weizen über einen längeren Zeitraum, doch die Haut verbessert sich dennoch nicht. Anstatt an diesem Punkt den Verzicht aufzuheben, neigen viele von ihnen dazu, die Ernährung noch weiter einzuschränken. Statt den Umkehrschluss zu ziehen und zu erkennen „Ich habe diese Lebensmittel gemieden und keine Besserung erkennen können, also werde ich diese Produkte wieder zu mir nehmen“, verzichten sie somit auf noch mehr. Dieses Vorgehen passiert in der Tat viel zu häufig und kann zu einer gravierenden Mangel- und Fehlernährung führen.
Rezeptdatenbank des DAAB e.V. – ein Service für Mitglieder
Betroffene sind immer auf der Suche nach neuen Rezepten – sei es, um Abwechslung auf den Teller zu bringen oder weil bei ihnen vor kurzem eine Nahrungsmittelunverträglichkeit diagnostiziert wurde. Hierfür bietet der DAAB Orientierung und stellt im Mitgliederbereich Patienten und Patientinnen eine Vielzahl an (Grund-)Rezepten zur Verfügung, die man je nach Belieben verändern und verfeinern kann. Probiere es aus!
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Ernährungsberatung im Rahmen der Neurodermitis-Therapie?
Ich halte die Ernährungsberatung für Neurodermitis-Betroffene für sehr wichtig, weil ich glaube, dass viele Patientinnen und Patienten Diäten ausprobieren, die über das Ziel hinausschießen. Es ist für sie auch einfach unglaublich schwer, aufgrund der Vielfalt der möglichen Auslöser zu erkennen, ob die Ernährung einen Einfluss auf ihre Neurodermitis hat und welche Lebensmittel hierbei Triggerfaktoren sind. Deshalb glaube ich, dass eine Ernährungstherapie in Absprache mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt ein hilfreiches Angebot ist. Diese hilft, Rückschlüsse ziehen zu können, inwieweit die Ernährung das Hautbild beeinflusst. Darüber hinaus liegt ein großer Vorteil der Ernährungsberatung darin, dass der Termin bei der Hautärztin bzw. beim Hautarzt oft nicht ausreicht, um umfassend über dieses Thema zu sprechen. Diese Lücke kann die Ernährungstherapie schließen.
„Das Führen eines Neurodermitis-Tagebuchs ist unglaublich wichtig und hilfreich, wenn auch sehr zeitaufwendig. Dennoch lasse ich es meine Patienten und Patientinnen immer führen, weil so viele unterschiedliche Aspekte dokumentiert werden. Es beginnt beim Essen und Trinken bis hin zum aktuellen Hautzustand, wie sieht die Basispflege aus, wie ist der Pollenflug, hatte man Tierkontakt, war man erkältet – das alles ist wichtig, um ein Gesamtbild über die Erkrankung zu erhalten – und das ist Gold wert.“
– Frau Kahle
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Kahle.
Weitere Informationen zum DAAB findest du auf der Website oder dem Instagram-Kanal (@daab_allergien) der Patientenorganisation.
In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst, und zwar dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Neurodermitis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!