Neurodermitis: Herausforderungen jenseits der Haut
Die körperlichen Symptome wie Rötungen, rissige Haut, Juckreiz, Entzündungen und Ekzeme sind lediglich die eine Seite der Herausforderungen, denen sich Menschen mit Neurodermitis stellen müssen. Die andere Seite geht noch viel weiter, denn nicht nur die Haut leidet, sondern auch die Psyche. Häufiger Juckreiz lässt nachts keinen erholsamen und durchgängigen Schlaf aufkommen. Entsprechend ist die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit reduziert. Doch auch Stigmatisierung, Diskriminierung und Scham setzen die Betroffenen unter Stress. Kaum verwunderlich, dass Menschen mit Neurodermitis ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen, insbesondere Depression und Angststörungen haben. 1 Das Problem: Stress und innere Anspannung können das Auftreten von Neurodermitis-Schüben begünstigen und die Symptome verstärken. Ein wahrer Teufelskreis beginnt, der durch das Verhalten von Kolleginnen und Kollegen und Kundinnen und Kunden im Arbeitsumfeld noch verstärkt werden kann.
Stigmatisierung, Diskriminierung, Mobbing – drei Worte für ein Verhalten?
Fragende Blicke, Getuschel hinter dem Rücken, Gespräche, die abrupt abreißen, sobald man das Zimmer betritt – unangenehme, verletzende Situationen wie diese hat jeder schon einmal erlebt. Menschen mit Neurodermitis begegnen ihnen jedoch sehr regelmäßig. Zudem stellt sich die Frage, wann reine Neugierde übergriffig wird und ab wann von Stigmatisierung, Diskriminierung und/oder Mobbing die Rede ist.
Stigmatisierung: Unter Stigmatisierung versteht man eine Unterscheidung oder Abgrenzung einer Person oder Personengruppe in negativer Weise aufgrund eines bestimmten Merkmals, einer Eigenschaft oder eines Zustandes. 2 Ein Stigma umfasst dabei alle negativen Meinungen, Vorurteile und Diskriminierungen. Womit wir beim zweiten Punkt wären …
Welche Auswirkungen Diskriminierung am Arbeitsplatz auf Betroffene haben kann
Der Leidensdruck von Menschen, die unter Diskriminierung am Arbeitsplatz leiden, ist enorm hoch. Bei Betroffenen mit Neurodermitis können insbesondere Hautveränderungen an unbedeckten Körperstellen zu Diskriminierung führen. Umfragen haben ergeben, dass 57 % aller Betroffenen emotional belastet sind – je schwerer die Erkrankung, desto höher die Belastung.
Empfehlung der „Bitte berühren“-Redaktion:
Die Kampagne Haut und Job des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen beschäftigt sich umfassend mit berufsbedingten Hautkrankheiten. Wenn du mehr über das Thema erfahren möchtest, schau doch mal auf der Website von haut+job vorbei.
Tipps für einen gesunden Umgang mit „ungesunden“ Kolleginnen und Kollegen
Doch was kann man konkret dagegen tun, wenn Kolleginnen bzw. Kollegen diskriminierendes Verhalten an den Tag legen? In erster Linie aufklären. Abwertendes Verhalten entsteht häufig durch Vorurteile, die wiederum auf Unwissenheit basieren. Gehe offen mit deiner Erkrankung um. Erkläre deinem Umfeld, dass es sich bei Neurodermitis um eine chronische Hauterkrankung handelt, die nicht ansteckend ist. Nimm die Situation auf keinen Fall einfach hin. Je länger sie anhält, umso schlimmer wird es in der Regel. Hören die Anfeindungen und Ausgrenzungen nach der Aussprache nicht auf, sollten die Vorgesetzten ins Boot geholt werden.
Kurz und knapp: Umgang mit Diskriminierung am Arbeitsplatz
- Du muss nicht alles allein bewältigen. Die Auswirkungen von Neurodermitis beschränken sich nicht allein auf die Haut – auch die Psyche leidet. Suche dir rechtzeitig professionelle Unterstützung, bevor die Belastung zu groß wird.
- Durchbreche den Teufelskreis. Stress wirkt sich negativ auf die Neurodermitis aus und ein Neurodermitis-Schub kann zu Stress führen.
- Gehe möglichst offen mit deiner Erkrankung um. Häufig reicht bereits Aufklärung, um Vorurteile bei Kolleginnen und Kollegen abzubauen.
- Lasse dir nicht alles gefallen. Niemand hat das Recht, jemand anderen auszugrenzen. Wenn dein offener Umgang mit der Neurodermitis nicht zum gewünschten Erfolg führt, gehe einen Schritt weiter und beziehe deine Vorgesetzten ein.
In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und das dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Neurodermitis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!
Quellen
- 1 Silverberg JI, Gelfand JM, Margolis DJ, et al. Association of atopic dermatitis with allergic, autoimmune, and cardiovascular comorbidities in US adults. Ann Allergy Asthma Immunol. 2018;121(5):604-612.e3.
- 2 PSYCHOnlineTHERAPIE (2021). Was versteht man eigentlich unter Stigmatisierung?, online unter: https://www.psychonlinetherapie.de/news/was-versteht-man-eigentlich-unter-stigmatisierung/ [zuletzt abgerufen am 22.05.2025].
- 3 Die Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Gesellschaft und Teilhabe – Schutz vor Diskriminierung, online unter: https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/ich-moechte-mehr-wissen-ueber/schutz-vor-diskriminierung [zuletzt abgerufen am 22.05.2025].
- 4 Demokratie webstatt. Was ist Mobbing?, online unter: https://www.demokratiewebstatt.at/thema/thema-mobbing/was-ist-mobbing [zuletzt abgerufen am 22.05.2025].
- 5 Spektrum.de. Lexikon der Psychologie – Mobbing, online unter; https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/mobbing/9859 [zuletzt abgerufen am 22.05.2025].
- 5 Academics (2023). Mobbing am Arbeitsplatz: Anzeichen, Folgen und Möglichkeiten für Betroffene, online unter; https://www.academics.de/ratgeber/mobbing-am-arbeitsplatz[zuletzt abgerufen am 22.05.2025].
- 7 Gieler, U. u. Mitarb. (Hrsg.): Hauterkrankungen in psychologischer Sicht. Jahrbuch der Medizinischen Psychologie. Band 9. Hogrefe-Verlag, Göttingen 1993.