Neurodermitis: Ein sensibles Wechselspiel zwischen Haut und Psyche

Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis, Akne und Herpes werden als „psychosomatische Dermatosen“ bezeichnet. Das bedeutet, dass Körper und Seele sich gegenseitig beeinflussen. Die körperlichen Symptome der Neurodermitis können zu emotionaler Belastung und einem schlechteren psychischen Wohlbefinden führen. Umgekehrt kann sich eine schlechte psychische Verfassung auch negativ auf die Haut auswirken.

Neurodermitis-Symptome als Auslöser psychischer Belastung

Die Symptome der Neurodermitis wie Hautrötungen und -entzündungen können für Betroffene nicht nur körperlich belastend sein, sondern auch das Selbstwertgefühl und damit die Psyche beeinflussen. Hierbei spielt oft eine Rolle, dass viele Betroffene aufgrund der sichtbaren Hautveränderungen im Verlauf ihrer Erkrankung nach wie vor Diskriminierung, Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sind.

Diese Erlebnisse führen häufig dazu, dass sich Betroffene für ihr Erscheinungsbild schämen und Vorkehrungen in Bezug auf ihre Freizeitgestaltung, Sportaktivitäten oder auf die Kleiderwahl treffen. Auch das Schließen neuer Freundschaften oder die Partnersuche kann durch die Angst vor Ablehnung erschwert sein. Solche Vorkommnisse haben oftmals einen großen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden und können Ängste und Traurigkeit auslösen.

Stress, Traurigkeit und Angst als Neurodermitis-Trigger

Die Ungewissheit über Zeitpunkt und Stärke des nächsten Schubs kann zusätzlich sehr beängstigend sein. Diese Umstände führen häufig dazu, dass Gefühle wie Traurigkeit, Wut oder Stress ausgelöst werden. Sind diese Emotionen über längere Zeit vorherrschend, so kann dies die körpereigenen Abwehrsysteme aus dem Gleichgewicht bringen. Denn in stressigen Situationen schüttet der Körper vermehrt Stresshormone aus, die Entzündungsprozesse wie die der Neurodermitis befeuern können. Die Ausschüttung der Stresshormone kann sich auch auf den Schlaf der Betroffenen auswirken, der oftmals bereits durch starken Juckreiz beeinträchtigt ist. Müdigkeit, Gereiztheit oder Verhaltensauffälligkeiten können aus mangelndem Schlaf resultieren.

Seelische Belastung ernst nehmen: Wann ist professionelle Hilfe nötig?

Für Neurodermitis-Betroffene ist es wichtig zu beobachten, ob es sich bei dem auftretenden negativen Verhalten und den Gefühlen um eine vorübergehende psychische Belastung handelt oder eine ernst zu nehmende psychische Erkrankung entstehen könnte. Sensibilität für das eigene psychische Wohlbefinden und eine offene Kommunikation mit vertrauten Personen oder betreuenden Ärztinnen bzw. Ärzten kann dabei helfen, Aufschluss über die eigene Situation zu erlangen.

Was ist eine Depression?

Voraussetzung für die Diagnose einer Depression ist das Vorliegen von mindestens fünf Symptomen, darunter mindestens ein Hauptsymptom, über einen Zeitraum von mehr als 14 Tagen. Die beiden Hauptsymptome einer Depression sind zum einen eine depressive, gedrückte Stimmung und zum anderen der Verlust von Interesse oder Motivation.1

Zusätzliche Symptome können sein:1

  • Antriebslosigkeit oder erhöhte Ermüdbarkeit
  • Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • Schuldgefühle, Wertlosigkeit und vermindertes Selbstwertgefühl
  • Hoffnungslosigkeit bezüglich der Zukunft
  • Selbstmordgedanken und/oder -handlungen
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit oder Appetitsteigerung
  • Psychomotorische Unruhe und Verlangsamung

Weiterführende Informationen zum Thema findest du bei der Deutschen Depressionsliga e.V..

Was ist eine Angststörung?

Angst zu verspüren ist in erster Linie eine hilfreiche Emotion, um Gefahrensituationen im Alltag zu erkennen und dementsprechend schnell zu reagieren. Treten Ängste auf, obwohl nur eine geringfügige oder keine Gefahr besteht, liegt eine Störung vor. Folgende Merkmale zeichnen eine Angststörung aus:2

  • Hohe Intensität der verspürten Angst
  • Irrationalität, d. h. situative Unangemessenheit des eigenen Verhaltens
  • Beeinträchtigung bei der Bewältigung des Alltags
Dabei gilt es zu beachten: Angststörung ist nicht gleich Angststörung! Im Allgemeinen wird unterschieden zwischen situationsgebundenen Ängsten (z.B. Interaktion mit unbekannten Menschen), Phobien (z.B. Angst vor Spinnen) und Ängsten, die nicht durch bestimmte Reize oder Situationen ausgelöst werden (z. B. zwanghaftes Händewaschen).

Mehr Informationen und Hilfe findest du in den Behandlungsleitlinien für Angststörungen sowie beim Deutschen Angst-Hilfe e.V..

Was ist Alkoholismus?

Alkoholismus entwickelt sich meist unbemerkt über viele Jahre hinweg, bis ein Leben ohne Alkohol für Betroffene nicht mehr vorstellbar ist. Wenn drei oder mehr der nachfolgend beschriebenen Situationen zutreffend sind, besteht das Risiko einer Alkoholabhängigkeit:3

  • Starker Drang, Alkohol zu konsumieren
  • Unfähigkeit während des Konsums mit dem Trinken aufzuhören
  • Morgendlicher Konsum, um alkoholbedingte Symptome zu lindern (z. B. Übelkeit)
  • Konsum, um eine bestimmte (gewünschte) Wirkung zu erzielen
  • Änderung von Tagesplänen, um Alkohol zu konsumieren
  • Trotz Wissen über schädliche Alkoholfolgen weiterer Konsum

Der Alkohol-Selbsttest kann dabei helfen, das eigene Trinkverhalten einzuschätzen. Zusätzliche Informationen findest du bei „Alkohol? Kenn dein Limit“.

Auswege: Was du tun kannst, um deine Psyche zu stärken

Der erste Schritt zur Besserung ist, die psychische Belastung als solche zu erkennen und sich mit ihren Ursachen und Auswirkungen auseinanderzusetzen. Im nächsten Schritt gibt es vielfältige Möglichkeiten, die psychischen Belastungen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

Psychotherapeutische Ansätze:

  • Aufklärung: Informiere dich umfassend über Neurodermitis und ihre Auswirkungen auf die Psyche. Je besser du die Erkrankung verstehst, desto besser kannst du damit umgehen.
  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Lerne, negative Gedankenmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern. Die KVT kann helfen, Stressoren zu identifizieren und Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln.4,6
  • Motivierende Gespräche: Finde deine innere Motivation, um Veränderungen anzugehen und deine Ziele zu erreichen.4,6
  • Meditation und Entspannungsübungen: Praktiziere regelmäßig Meditation, Yoga, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung, um Stress abzubauen und innere Ruhe zu finden.4,5

Professionelle Unterstützung:

  • Hautärztinnen/ Hautärzte: Deine Hautärztin bzw. dein Hautarzt kann dich nicht nur bei der Behandlung deiner Haut unterstützen, sondern auch auf psychische Belastungen eingehen und dich an geeignete Spezialisten verweisen.
  • Psychodermatologinnen /Psychodermatologen: Psychodermatologinnen und Psychodermatologen sind Experten für den Zusammenhang zwischen Haut und Psyche. Sie können dir helfen, die psychischen Ursachen deiner Neurodermitis zu erkennen und zu behandeln.
  • Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten: Eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut kann dir helfen, Ängste, Depressionen oder andere psychische Probleme zu bewältigen, die durch die Neurodermitis ausgelöst werden.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein. In Selbsthilfegruppen kannst du dich mit anderen Menschen austauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und von ihren Strategien lernen.
  • Achtsamkeit: Praktiziere Achtsamkeit, um im gegenwärtigen Moment präsent zu sein und negative Gedanken loszulassen.
  • Stressmanagement: Entwickle Strategien zur Stressbewältigung, z.B. durch Sport, Hobbys oder soziale Kontakte.
  • Gesunde Lebensweise: Achte auf eine gesunde Ernährung mit ausreichend Nährstoffen, ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung.

Kurz und knapp: Wissenswertes zum Thema psychische Belastung und Neurodermitis

  • Neurodermitis und psychische Gesundheit hängen zusammen: Zahlreiche Studien belegen den wechselseitigen Einfluss von Neurodermitis-Symptomen und psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen.
  • Stresshormone können Neurodermitis-Symptome beeinflussen: Die übermäßige Ausschüttung von Stresshormonen kann das Auftreten von Schüben begünstigen und Symptome verstärken.
  • Neurodermitis-Symptome können Stress auslösen: Das Auftreten von Neurodermitis-Symptomen kann sich negativ auf das seelische Wohlbefinden auswirken. Insbesondere unter den sichtbaren Hautveränderungen leiden viele Betroffene.
  • Neurodermitis-Betroffene haben ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen: In Studien konnte festgestellt werden, dass Menschen mit Neurodermitis eine höhere Wahrscheinlichkeit für psychische Erkrankungen haben als hautgesunde Menschen. Deshalb ist es wichtig, die seelische Gesundheit zu beobachten und Warnsignale ernst zu nehmen.
  • Expertinnen und Experten können helfen: Hautärztinnen bzw. Hautärzte können im Umgang mit seelischen Belastungen helfen. Wichtig dafür ist, dass die Betroffenen offen über ihre Herausforderungen sprechen.

In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und zwar dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Neurodermitis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!

Quellen