Neurodermitis und Nahrungsmittelallergie – besteht ein Zusammenhang?

Neurodermitis kommt selten allein, denn viele Patientinnen und Patienten leiden zusätzlich auch an Allergien. Der wichtigste Grund dafür ist vermutlich eine durchlässige Hautbarriere, durch die Allergene leichter in den Organismus gelangen können und entsprechende Abwehrreaktionen des Immunsystems in Form von Entzündungen auslösen. Ebenso besteht ein erhöhtes Atopie-Risiko, welches bei den Betroffenen bereits in den Genen verankert ist. Entsprechend gibt es bei Neurodermitis einen größeren Anteil an Menschen, die eine echte Nahrungsmittelallergie haben, jedoch kommen bei einer Verschlechterung der Haut auch noch viele weitere sogenannte Triggerfaktoren infrage. Neben der Ernährung können Stress, Blütenpollen, Hausstaub, Tierhaare, Temperaturschwankungen oder starkes Schwitzen für eine Verschlechterung der Symptome verantwortlich sein. Und nicht immer verbirgt sich hinter dem Juckreiz eine klassische allergische Reaktion. Manchmal handelt es sich auch um eine unspezifische Hautreizung. 1

Nahrungsmittel als Auslöser akuter Neurodermitis-Schübe

Nahrungsmittel sind tatsächlich weitaus seltener der Auslöser für einen Neurodermitis-Schub als viele denken:2 Etwa jedes zweite Kind mit Neurodermitis reagiert auf bestimmte Nahrungsmittel. Lebensmittelallergien führen jedoch nur bei etwa jedem dritten moderat bis schwer betroffenen Kind tatsächlich zu einer Verschlechterung der Haut. Erwachsene sind zudem nur selten auf Grundnahrungsmittel wie Getreide, Hülsenfrüchte, Eier oder Fleisch allergisch. Hier stehen eher Obst, Gemüse oder Nüsse im Fokus, und zwar im Zusammenhang mit einer Pollenallergie. Die Rede ist dann von einer sogenannten Kreuzallergie. Das Immunsystem reagiert auf einen bestimmten Stoff, der in ähnlicher Form sowohl in Pollen als auch in bestimmten Obst- oder Gemüsesorten zu finden ist. Wenn Pollenallergiker beispielsweise auf das in Birkenpollen enthaltene Protein bet-v-1 reagieren, kann es durchaus sein, dass sie auch Apfel, Pfirsich, Haselnuss, Erdnuss, Kiwi oder Karotte nicht vertragen. Diese enthalten ein Protein, das demjenigen in Birkenpollen ähnelt. Das Immunsystem verwechselt hier etwas und geht zum Angriff über. Sowohl die Kreuzallergie als auch schon der Pollenflug allein können dazu beitragen, dass die Haut vermehrt mit Juckreiz und Ekzemen reagiert. Daher gilt: In Einzelfällen können bestimmte Nahrungsmittel die Neurodermitis-Symptome verstärken.

Spurensuche: Ein Tagebuch kann potenzielle Allergieauslöser eingrenzen

Hast du das Gefühl auf bestimmte Nahrungsmittel zu reagieren? Nicht immer ist direkt auf den ersten Blick klar und deutlich zu erkennen, wer oder was der Übeltäter ist. Daher kann es sinnvoll sein, mit Hilfe eines Ernährungstagebuchs genau zu dokumentieren, was du zu welcher Tageszeit gegessen hast. Treten unmittelbar danach immer dieselben Symptome auf, steckt möglicherweise mehr dahinter. Aber auch andere Faktoren wie Stress, Pollenflug oder schwüles Wetter können ursächlich an der Hautreaktion beteiligt sein. Deshalb sollten Patientinnen und Patienten ihr Tagebuch unbedingt mit der behandelnden Hautärztin bzw. dem behandelnden Hautarzt besprechen, denn um der Sache genauer auf den Grund zu gehen, sind spezielle Allergietests erforderlich.

Neurodermitis-Diät: sinnvoll oder unnötig?

Eines lässt sich bereits mit Sicherheit sagen: Die eine Neurodermitis-Diät gibt es nicht, denn auf welche Lebensmittel Patientinnen bzw. Patienten mit einer Verschlechterung ihrer Neurodermitis reagieren, ist völlig individuell. Zeitlich begrenzte Auslassversuche können sinnvoll sein, um den vermeintlich problematischen Lebensmitteln auf die Schliche zu kommen.2 Grundlage für einen Auslassversuch sollte aber immer ein Ernährungstagebuch sein, auf Basis dessen individuell mögliche Trigger identifiziert werden. Darüber hinaus sollten Patientinnen bzw. Patienten bei einem entsprechenden Auslassversuch immer fachkundig betreut werden. Ausgewiesene Ernährungsfachkräfte findest du beispielsweise unter www.allergie-wegweiser.de. „Patientinnen bzw. Patienten sollten sich immer bewusst sein, dass der regelmäßige Verzehr von Lebensmitteln eine vorhandene Toleranz unterstützt – der Körper ist daran gewöhnt und verträgt sie gut. Wer bestimmte Dinge jedoch über einen längeren Zeitraum vom Speiseplan streicht, riskiert, dass diese Toleranz verschwindet und er die jeweiligen Produkte später nicht mehr verträgt. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer Fehl- und/oder Mangelernährung, durch die der Körper beispielsweise nicht mehr ausreichend mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt ist“, weiß Dr. Imke Reese, Ernährungsberaterin und Ernährungsfachkraft Allergologie.

Toleranzentwicklung: Bei Kindern keine Seltenheit

Insbesondere bei Kindern sollte eine Auslassdiät nur nach ausdrücklicher ärztlicher Empfehlung und bestätigter Allergie durchgeführt werden, denn eine eingeschränkte Ernährung kann negative Folgen für die altersgerechte Entwicklung haben. Da Kinder im Laufe der Zeit häufig eine Toleranz gegenüber zunächst unverträglichen Grundnahrungsmitteln entwickeln, lohnt es sich, regelmäßig zu überprüfen, ob eine Allergie weiterhin besteht. Um jedoch für schwere allergische Reaktionen gewappnet zu sein, sollten diese Versuche nur unter ärztlicher Aufsicht stattfinden.

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Kunterbunt ist gesund: Auch bei Neurodermitis sollte der Speiseplan möglichst vielfältig sein und reichlich frisches Obst und Gemüse beinhalten.

Mit der richtigen Ernährung Neurodermitis vorbeugen – geht das?

Zwar gibt es keine Wundermittel, die sicher verhindern können, dass sich eine Neurodermitis entwickelt, dennoch existieren Empfehlungen, wie man vorbeugend aktiv werden kann.2 So sollen sich Schwangere und Stillende möglichst gesund und ausgewogen ernähren. Viel Obst und Gemüse, in fettreichem Fisch wie Lachs enthaltene Omega-3-Fettsäuren, vollfette Milchprodukte sowie Joghurt gehören regelmäßig auf den Tisch. In den ersten vier Lebensmonaten ist Stillen die beste Ernährung. Säuglingsnahrung sollte bei familiärer Vorbelastung hypoallergen (HA) sein, denn die Veranlagung, eine Neurodermitis zu entwickeln, ist vererbbar.5 Im Rahmen der Beikost-Einführung sollte das Kind nach und nach möglichst viele verschiedene Lebensmittel kennenlernen, um eine ausgewogene und vielfältige Ernährung zu ermöglichen. Einen guten Anhaltspunkt bietet der Ernährungsplan für das erste Lebensjahr des Forschungsdepartments Kinderernährung (FKE). 6 Auf potenziell allergene Lebensmittel wie Milch oder Fisch zu verzichten, gilt als kontraproduktiv.2 Stillen parallel zur Beikost verbessert übrigens die Verträglichkeit der Lebensmittel.

In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und zwar dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Neurodermitis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!

Quellen