Frau Khushboo Minni ist Fachärztin für Dermatologie. Ihre dermatologische Laufbahn begann 2011 und führte sie unter anderem in die USA, wo sie in der pädiatrischen Dermatologie einer Kinderklinik in Seattle hospitierte. Dort beschäftigte sie sich intensiv mit Neurodermitis bei Kindern und veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Thema. In Indien arbeitete sie außerdem als Fachbuchautorin zu neuen systemischen und biologischen Therapien in der Kinderdermatologie. Heute arbeitet
Khushboo Minni in dermatologischen Praxen in Nürnberg und München und betreut ein breites Spektrum an Patientinnen und Patienten – von Kindern und Jugendlichen bis hin zu Erwachsenen. Rund ein Drittel ihrer Patientinnen und Patienten sind Kinder und Jugendliche, und bei etwa zehn Prozent von ihnen behandelt sie Neurodermitis in unterschiedlichen Schweregraden. Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der Aufklärung von Eltern und der individuellen Therapieplanung, um die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.
Die Hautpflege als Fundament jeder Neurodermitis-Therapie
Die Symptome der Neurodermitis können stark variieren, da sich die Erkrankung mit dem Alter verändert und unterschiedlich äußert. Bei Säuglingen sind oft Wangen, Gesäß oder Kopfhaut betroffen, bei Schulkindern eher Armbeugen und Kniekehlen. Jugendliche haben häufig dauerhaft trockene Haut oder einzelne betroffene Stellen, die hartnäckig sein können. Die gute Nachricht: In vielen Fällen bessert sich Neurodermitis im Laufe der Kindheit und klingt häufig ab. Jedoch betont Frau Minni: „Die Basis jeder Therapie ist die konsequente Hautpflege und eine gute Aufklärung.“
„Pflege ist keine Zusatzoption – sie ist die Basis jeder Therapie bei Neurodermitis.“
– Fachärztin für Dermatologie Khushboo Minni
Pflegeprodukte ohne Duftstoffe und mit möglichst wenigen, aber dafür hautfreundlichen Inhaltsstoffen sollten täglich angewendet werden – am besten innerhalb von drei Minuten nach dem Duschen oder Baden, um die Hautbarriere zu schützen und besser einwirken zu können. Frau Minni empfiehlt altersabhängig Produkte mit Ceramid und Urea-Anteil, da sie Trockenheit lindern und die Haut mit Feuchtigkeit versorgen 5 % Urea ist ab etwa 4–5 Jahren in der Regel gut verträglich und sollte nicht bei Säuglingen und nur vorsichtig bei Kleinkindern verwendet werden. Bei entzündeten, offenen oder juckenden Hautstellen kann Urea brennen und sollte an diesen Stellen vermieden werden. Wichtig sind außerdem parfümfreie, sulfatfreie Pflegeprodukte mit hautneutralem pH-Wert von 5 bis 6 sowie der Verzicht auf stark alkalische Seifen. Öle wie Kokos- oder Olivenöl sollten nicht zu häufig verwendet werden, da sie den Wasserverlust der Haut erhöhen könnten.
Im Winter sind fetthaltigere Cremes sinnvoll, im Sommer leichtere Lotionen. Kurze, lauwarme Bäder (5-10 minuten) oder Duschen von maximal fünf Minuten helfen, die Haut nicht zusätzlich zu reizen, führt die Ärztin weiter aus. Auch die Menge ist wichtig, unterstreicht Frau Minni. Für eine vollständige Pflege benötigt man etwa 250 Gramm Creme pro Woche – und das konsequent, nicht nur bei akuten Schüben. Die Dermatologin weiß, dass gerade in sozialen Medien viele falsche Informationen kursieren – etwa, dass bestimmte entzündungshemmende Cremes grundsätzlich schädlich seien. Dabei sind sie oft ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, wenn sie richtig eingesetzt werden, und sollten Teil eines täglichen „Eincreme-Rituals“ sein, appelliert die Dermatologin.
Neurodermitis Hautpflege
Die von Neurodermitis betroffenen Hautareale unterscheiden verändern sich je nach Alter.
- Bei Kleinkindern sind oft Wangen, Gesäß oder Kopfhaut betroffen.
- Bei Schulkindern sind es eher die Armbeugen und Kniekehlen.
- Jugendliche haben häufig dauerhaft trockene Haut oder einzelne Stellen, die sich oft hartnäckig halten.
| Altersgruppe | Körperoberfläche | Empfohlene Creme-Menge pro Woche | Bemerkungen |
| Säuglinge (0–1 Jahr) | ca. 0,25 m² | 50–100 g / Woche | Nur milde Basiscremes ohne Harnstoff oder Duftstoffe |
| Kleinkinder (1–4 Jahre) | ca. 0,5 m² | 100–150 g / Woche | Je nach Ausdehnung der trockenen Areale |
| Schulkinder (5–10 Jahre) | ca. 1,0 m² | 150–250 g / Woche | Bei flächiger Pflege oder häufigem Eincremen eher obere Grenze |
| Jugendliche & Erwachsene (> 10–12 Jahre) | ca. > 1,5 m² | 250–500 g / Woche | 250 g gilt als Mindestmenge für Ganzkörperpflege |
Den Juckreiz bei Neurodermitis lindern
Wenn der Körper zur Ruhe kommt und der Alltag hinter einem liegt, werden Empfindungen wie der Juckreiz automatisch deutlicher wahrgenommen – deshalb fühlen sich die Beschwerden nachts oft schlimmer an, schildert die Medizinerin. Hier helfen kurze warme Bäder vor dem Schlafengehen, juckreizlindernde Pflege und das Kürzen der Fingernägel, um die Haut durch eventuelles Kratzen nicht weiter zu verletzen. Statt Kinder immer nur „Nicht kratzen!“ zu raten, empfiehlt die Medizinerin Ablenkung durch Beschäftigung, Sport oder Entspannungsübungen. Auch spezielle Kleidung kann helfen. Kleidung aus 100 % Baumwolle oder spezielle Neurodermitis-Textilien ohne Nähte sind empfehlenswert. Teilweise haben diese Kleidungsstücke auch einen eingearbeiteten Silberanteil im Stoff, der zusätzlich antiseptisch wirkt. Auch Auslöser wie Wolle, bestimmte Allergien, Infekte oder Stress sollten erkannt und möglichst vermieden werden. Ebenso können Nahrungsmittel bei manchen Betroffenen solche Reaktionen auslösen.
Hinweis zu Allergien bei Neurodermitis
Nicht jedes Kind mit Neurodermitis hat Allergien. Eine zu starke Einschränkung der Ernährung ist nicht sinnvoll, wenn keine eindeutigen Allergien vorliegen. Ganz im Gegenteil sogar: Eine vielfältige Ernährung kann die Toleranz des Immunsystems fördern und so langfristig helfen, Überreaktionen zu vermeiden.
Therapieoptionen für Kinder und Jugendliche mit Neurodermitis
Wenn die Haut trotz konsequenter Pflege und äußerlicher Behandlung stark entzündet bleibt oder das Leben der Betroffenen stark einschränkt, können weitere, systemische Therapien auch schon bei Babys ab 6 Monaten in Betracht gezogen werden. Diese werden individuell von der Dermatologin oder dem Dermatologen ausgewählt und können bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis zum Einsatz kommen.
„Die größte Herausforderung ist, Eltern die Angst vor bestimmten Therapien zu nehmen.“
– Fachärztin für Dermatologie Khushboo Minni
Neben der äußeren und inneren Behandlung spielt die psychologische Unterstützung eine wichtige Rolle bei Neurodermitis. Schulungen, Selbsthilfegruppen und offene Gespräche helfen Kindern und Eltern, die Erkrankung im Alltag besser zu bewältigen. Neurodermitis kann nicht nur die Haut, sondern auch das seelische Wohlbefinden belasten und zu Schlafstörungen, Ängsten oder Depressionen führen, erklärt die Dermatologin. Spezielle Schulungsprogramme für Eltern und Kinder, der Austausch mit anderen Betroffenen sowie psychologische Betreuung können den Alltag spürbar erleichtern und das Selbstvertrauen stärken.
„Kinder müssen wissen: Neurodermitis ist nicht ansteckend – und sie können ein ganz normales Leben führen.“
– Fachärztin für Dermatologie Khushboo Minni
Kurz und knapp:
- Konsequente Basispflege ist das Fundament der Therapie: täglich, parfumfrei und innerhalb von drei Minuten nach dem Duschen oder Baden auftragen.
- Juckreiz gezielt lindern durch kurze warme Bäder, juckreizlindernde Pflege (5 % Urea, pH-hautneutral und sulfatfrei) und statt „Kratz-Verboten“ lieber Ablenkungen schaffen.
- Es stehen äußerliche und innerlich wirkende Therapien für Kinder und Jugendliche mit Neurodermitis zur Verfügung.
- Trigger erkennen und vermeiden, wie z. Wolle, bestimmte Lebensmittel oder Stress; außerdem Baumwollkleidung bevorzugen.
- Psychologische Unterstützung nutzen wie Schulungen, Selbsthilfegruppen, aber auch einfache offene Gespräche suchen, diese stärken das Selbstbewusstsein.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Khushboo Minni.
In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und zwar dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Neurodermitis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!