Wenn Kinder an Neurodermitis erkranken, stellt die Diagnose das ganze Leben auf den Kopf – auch für Eltern. Je jünger die Patientinnen und Patienten sind, umso wichtiger ist die Rolle der Eltern bei der Umsetzung einer erfolgreichen Behandlung. Sie werden zur wichtigsten Bezugsperson. Die Pflege eines Kindes mit Neurodermitis stellt Eltern vor besondere Herausforderungen. Die Rolle als Pflegeperson ist oft mit dem Wunsch verbunden, alles perfekt zu machen, was zu großem Druck führen kann. Dieser Artikel beantwortet die wichtigsten Fragen zu Neurodermitis bei Kindern.

impfen bei psoriasis

Dr. med. Uwe Schwichtenberg ist Dermatologe und gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen, die auch du dich sicher schon einmal gestellt hast.
Foto: Florian Willnauer

Therapie bei Kindern mit Neurodermitis

Wie wird Neurodermitis bei Kindern behandelt?

Für Kinder mit Neurodermitis gibt es unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome erfolgreich in den Griff zu bekommen. Je nach Ausprägung der Symptome kann ein 4-Stufen-Plan zum Einsatz kommen.1 Zur Verfügung stehen äußerlich angewendete (topische) Salben und Cremes, denen beispielsweise juckreizstillende, antiinfektiöse oder antientzündliche Wirkstoffe beigemischt werden, sowie niedrigdosierte Kortisonpräparate.

Gut zu wissen: Als neuere Substanzen stehen sogenannte Calcineurin-Inhibitoren zur Verfügung, die entzündungshemmend wirken und eine verträglichere Alternative zu Kortison sind. Beide Therapieoptionen sind ab einem Alter von 2 Jahren zugelassen und die aktuelle Neurodermitis-Leitlinie empfiehlt den Einsatz auch unter 2 Jahren.2 Achte dabei bitte immer auf einen ausreichenden Sonnenschutz.

Zur Behandlung des Juckreizes kommen häufig auch Antihistaminika zum Einsatz. Ausgeprägte Infektionen werden mit Antibiotika behandelt. Bei sehr schwerer Neurodermitis kann dein Kind ein innerlich (systemisch) wirkendes Medikament wie beispielsweise ein Biologikum* erhalten. Die entsprechenden Wirkstoffe werden hierbei entweder als Tablette eingenommen oder unter die Haut gespritzt. Welche Therapie bei deinem Kind infrage kommt, kann nur die behandelnde Hautärztin bzw. der behandelnde Hautarzt des Kindes entscheiden. Informiere dich gründlich, damit du aktiv bei der Therapieentscheidung mitwirken kannst. Du kennst dein Kind am besten und kannst so maßgeblich zu einer optimalen Neurodermitis-Behandlung beitragen.

* Nicht alle Biologika sind zur Therapie von Kindern zugelassen. Besprich mögliche Therapieoptionen mit der behandelnden Hautärztin oder dem behandelnden Hautarzt.

An welche Ärztin bzw. welchen Arzt wende ich mich, wenn entsprechende Beschwerden bei meinem Kind auftreten?

Wenn du bei deinem Kind Hautveränderungen bemerkst, solltest du dich an eine Hautärztin bzw. Hautarzt wenden. Einige Eltern halten auch zuerst Rücksprache mit der Kinderärztin bzw. dem Kinderarzt. Diese bzw. dieser kann sich die Haut deines Kindes genau anschauen und je nach Einschätzung an Dermatologinnen oder Dermatologen weiterleiten, die mit der Behandlung von Hauterkrankungen von Kindern vertraut sind.

Wodurch wird Neurodermitis ausgelöst?
Wie es zur Entstehung von Neurodermitis kommt, ist nach wie vor nicht ganz klar. Beteiligt sind mehrere Faktoren in einem komplexen Wechselspiel. Eine zentrale Rolle dabei spielt die genetisch bedingte Störung der natürlichen Schutzbarriere der Haut in Kombination mit einem überaktiven Immunsystem.2,3
Die genetisch bedingte Hautstörung ist dafür verantwortlich, dass Menschen mit Neurodermitis eine viel trockenere Haut haben als Hautgesunde. Und trockene Haut juckt. Wer nun kratzt, schädigt die Barrierefunktion zusätzlich. Bakterien, Viren und Pilze können viel leichter eindringen. Dies kann es zu einer Sensibilisierung führen: Das Immunsystem macht sich bereit zum Angriff und produziert verstärkt Abwehrstoffe (Immunglobulin E, IgE) – auch gegen eigentlich harmlose Allergene wie Blütenpollen, Tierhaare, Haushalts- oder Kosmetikprodukte. Die auf diese Weise entstehenden Entzündungsprozesse münden in einen Teufelskreis aus Juckreiz und Kratzen, der durch Kontakt mit auslösenden Triggerfaktoren immer wieder neu in Gang gesetzt oder verstärkt werden kann.
Was kann ich als Elternteil dafür tun, um Stress bei meinem Kind zu vermeiden?

Ein geregelter Tagesablauf mit festen Strukturen, ausreichend Schlaf und genügend Ruhephasen hilft deinem Kind dabei, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Bei älteren Kindern können Entspannungsverfahren wie autogenes Training nützlich sein. Suche Entlastung und lass Erholungsphasen nicht zu kurz kommen. Wie wäre es mit einem Familienurlaub am Meer oder im Hochgebirge? Der Tapetenwechsel wirkt sich nicht nur auf die Seele, sondern meist auch auf die Haut positiv aus.
Insbesondere Kinder mit starken, immer wiederkehrenden Beschwerden können auch von einem mehrwöchigen Aufenthalt in einer spezialisierten Reha-Klinik profitieren. Dort können sich Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Pädagogik sowie Ernährung intensiv um die Kinder kümmern und ihnen beim Umgang mit der Erkrankung helfen.4
Nutze auch das Angebot von Schulungsprogrammen, beispielsweise von der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung e.V. (AGNES). Sie helfen dir und deinem Kind dabei, die Neurodermitis und alles, was dazugehört, bestmöglich in den Alltag zu integrieren. Letztlich steht euch immer auch die behandelnde Hautärztin bzw. der behandelnde Hautarzt des Kindes mit wertvollen Tipps und Ratschlägen zur Seite.

Ist Neurodermitis vererbbar?
Neurodermitis gehört ebenso wie Heuschnupfen oder allergisches Asthma zu den Erkrankungen des sogenannten atopischen Formenkreises. Wenn Eltern oder Geschwister an einer Atopie, d.h. an einer Neigung zu Überempfindlichkeit, leiden, so steigt auch das eigene Erkrankungsrisiko.2
Mein Kind hat Milchschorf. Bedeutet das, es hat Neurodermitis?
Milchschorf beim Baby ist nicht immer ein Zeichen für Neurodermitis, kann aber ein frühes Anzeichen sein. Somit kann Milchschorf ein Vorbote für Neurodermitis sein, der durchaus ernst zu nehmen ist.

Ein besonderes Augenmerk sollte auf eine gute Pflege der Babyhaut gelegt werden. Weist diese einen guten Fettungszustand auf, haben Allergene weniger Chancen einzudringen und Reaktionen des Immunsystems auszulösen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Abgrenzung des Milchschorfs vom seborrhoischen Ekzem (Kopfgneis) durch die behandelnde Kinderärztin bzw. den behandelnden Kinderarzt. Kopfgneis geht mit dicken, fettigen sowie festsitzenden Schuppen auf der Kopfhaut einher. Sie erscheinen bei heller Haut meist rötlich und bei dunklerer Haut weißlich, gelblich oder bräunlich. Im Unterschied zum Milchschorf lösen sie keinen Juckreiz aus.6

Beide Krankheitsbilder heilen meist von allein aus. Die Schuppen sollten auf keinen Fall mit den Fingernägeln abgekratzt werden. Stattdessen ist es sinnvoller, Babyöl auf die Kopfhaut aufzutragen, sanft einzumassieren und einwirken zu lassen, um die Schuppen anschließend vorsichtig mit einem Kamm auszukämmen. Es ist ratsam, die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt zu Rate zu ziehen, um die richtige Behandlung für dein Baby zu finden.

Gut zu wissen: Während sich Milchschorf meist erst nach dem dritten Lebensmonat zeigt, kann das seborrhoische Ekzem bereits in den ersten Lebenswochen auftreten. Das Allgemeinbefinden des Säuglings ist dabei meist nicht beeinträchtigt. Kinder mit Milchschorf hingegen quengeln mehr und sind weinerlicher, weil die Haut unter den Schuppen stark juckt, entzündet ist und nässt.

Wie stellt die Ärztin bzw. der Arzt die Diagnose?

Zur Diagnose einer Neurodermitis führt die Ärztin bzw. der Arzt zunächst ein ausführliches Anamnesegespräch mit dir und schaut sich die Hautveränderungen deines Kindes genau an.2

  • Leidet dein Kind an Juckreiz und/oder chronischen oder immer wiederkehrenden entzündlichen Hautveränderungen?
  • Sind diese entzündlichen Hautveränderungen vor allem im Gesicht und an den Streckseiten von Armen und/oder Beinen?
  • Sind Personen aus der Familie von anderen Haut- oder Atemwegsallergien betroffen?

Treffen diese Hauptmerkmale zu, so kann dies auf eine Neurodermitis hindeuten.7 Da akute Schübe von sogenannten Triggerfaktoren ausgelöst werden, sollten diese so gut es geht gemieden werden. Ein wichtiger Bestandteil der Diagnose besteht deshalb darin, den auslösenden Faktoren auf die Schliche zu kommen. Diese können zwischen Patientinnen Patienten ganz individuell sein und sich im Laufe der Zeit sogar ändern. Zur Identifikation werden in der Praxis unterschiedliche Allergietests in Form von Hauttests oder Blutuntersuchungen eingesetzt. Insbesondere bei kleinen Kindern setzen Ärztinnen und Ärzte meist den Reibetest ein, bei dem das verdächtigte Allergen einfach unverändert auf die Haut aufgetragen und eingerieben wird. Tritt eine allergische Reaktion auf, äußert sich diese

Ist Neurodermitis heilbar?

Tatsächlich haben viele Patientinnen und Patienten, die als Kind an Neurodermitis litten, nach der Pubertät kaum oder sogar gar keine Symptome mehr. Diese können jedoch jederzeit zurückkommen. Das ursächliche Problem einer geschädigten Hautbarriere begleitet Betroffene ein Leben lang. Umso wichtiger ist es daher, dass ihr die Basispflege auch bei Ausbleiben der typischen Neurodermitis-Symptome fortführt. Denn heilbar ist Neurodermitis bislang leider nicht. Sie kann mittlerweile allerdings in den meisten Fällen gut behandelt werden, sodass Betroffene eine (nahezu) erscheinungsfreie Haut erreichen können. Sprich diesbezüglich die behandelnde Hautärztin bzw. den behandelnden Hautarzt an.

Was kann ich gegen den Juckreiz tun?

Juckreiz ist das belastendste Symptom bei Neurodermitis. Damit dein Kind sich nicht regelmäßig blutig kratzt und die Entzündungsprozesse dadurch weiter verschlimmert, könnt ihr gemeinsam verschiedene Alternativen ausprobieren:8

  • Eincremen
  • Kühlen (Creme aus dem Kühlschrank, kühle Umschläge, Cold Pack)
  • Klopfen, Drücken oder Zwicken der Haut (statt Kratzen)
  • Ablenken, Spielen
  • Bearbeiten von Kratzholz oder Kletterknete anstelle der Haut.

Sprich die Hautärztin bzw. den Hautarzt an!

Basispflege

Mein Kind hat trockene Haut, ist unruhig und weint viel. Steckt eventuell mehr dahinter?

Dass Babys zu trockener Haut neigen, ist nicht ungewöhnlich. Im Gegensatz zur Haut von Erwachsenen muss sich eine intakte Schutzbarriere bei ihnen erst entwickeln. Daher ist es wichtig, die empfindliche Babyhaut besonders gut zu pflegen. Bei der Suche nach einer geeigneten Pflegecreme hilft die Kinderärztin bzw. der Kinderarzt.
Hast du den Eindruck, dass dies nicht ausreicht, um das Hautbild zu verbessern. Ist dein Baby auffallend unruhig oder weint viel oder gesellen sich Milchschorf, Hautrötungen und nässende Ekzeme hinzu, solltest du unbedingt erneut die Kinderärztin bzw. den Kinderarzt aufsuchen.
Handelt es sich um Neurodermitis, so sind bei Säuglingen vorwiegend das Gesicht – vor allem an den Wangen und am behaarten Kopf (Milchschorf) – sowie im Krabbelalter die Knie betroffen. Bei Kleinkindern treten die Ekzeme bevorzugt an Kniekehlen, Ellenbogen und Handgelenken (sogenanntes Beugenekzem) auf, können sich jedoch auch über den gesamten Körper ausbreiten.9 Typisch ist ein schubweises Auftreten der Symptome.

Was kann ich selbst tun, um den Hautzustand meines Kindes zu verbessern?

Das A und O zur Verbesserung des Hautzustandes bei Neurodermitis ist eine gute Basispflege, die die Haut mit ausreichend Feuchtigkeit und Fetten versorgt. Sie sollte zu einem festen Ritual werden. Sei ruhig kreativ, damit das Eincremen deinem Kind auch Jahre später noch Spaß macht! Ziel ist es, einen Fettungszustand zu erreichen, der dem Nicht-Betroffener zumindest ähnelt.

Zusätzlich zur Haarpflege sollten Triggerfaktoren gemieden oder zumindest reduziert werden, um akute Schübe mit einer Verschlechterung des Hautzustandes zu verhindern. Diese können ganz unterschiedlich sein. Erarbeite daher gemeinsam mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt eine individuelle Vermeidungsstrategie. Reagieren Kinder beispielsweise überempfindlich auf Hausstaubmilben, kann die Verwendung milbendichter Bezüge für Matratze, Kissen und Bettdecke sinnvoll sein.

Wie pflege ich die Haut meines Kindes richtig?

Bei Neurodermitis schafft die Haut es nicht allein, eine Schutzbarriere aufzubauen, und verliert in der Folge schnell Feuchtigkeit.10 Deshalb muss sie mit einer speziellen Basispflege unterstützt werden.

Verwende am besten spezielle, für Neurodermitis geeignete Reinigungs- und Pflegeprodukte ohne Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe. Der Kontakt mit Wasser entzieht der Haut Feuchtigkeit. Deshalb ist es ratsam, dein Kind zu duschen statt zu baden – nicht länger als 10 Minuten und nicht heißer als 35 Grad Celsius. Tupfe die empfindliche Haut deines Kindes nach dem Duschen vorsichtig trocken. Niemals die Haut abrubbeln!

Mehrmals tägliches Eincremen – besonders direkt nach dem Duschen – ist der wichtigste Bestandteil der Basispflege. Verwende Cremes und/oder Lotionen, deren Textur dem zu behandelnden Hautzustand angepasst ist. Als Faustregel gilt: Je akuter und ausgeprägter die Entzündung, umso wässriger sollte das verwendete Pflegeprodukt sein, je chronischer und trockener der Hautzustand, umso fetthaltiger sollte es sein.11 Die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt hilft dir gern bei der Wahl der richtigen Reinigungs- und Pflegeprodukte.

 

Welchen UV-Schutz sollte ich für mein Kind nutzen? Gibt es spezielle Sonnencremes bei Neurodermitis?

Babys und Kleinkinder sollten bis zum Alter von 2 Jahren generell vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden, also nach Möglichkeit im Schatten bleiben und in den sonnigen Monaten vor jedem Aufenthalt draußen sorgfältig eincremen. Für Kinder mit Neurodermitis gibt es spezielle Sonnencremes, die besonders hautverträglich sind. Geeignet sind Mittel, die einen besonders hohen Lichtschutzfaktor haben und klinisch getestet wurden. Darüber hinaus empfiehlt sich spezielle UV-Schutzkleidung auf Mikrofaserbasis. Sie ist meist sehr hautverträglich, atmungsaktiv und schützt die empfindliche Baby- und Kinderhaut vor Sonneneinstrahlung. Auch eine geeignete Kopfbedeckung mit UV-Schutz gehört zum Sonnenschutz dazu.

Alltagsthemen

Mein Kind steckt mitten in der Pubertät. Wie gehe ich mit Therapieverweigerung und Selbstversuchen um?

Bei Kindern und Jugendlichen bringt die Pubertät meist einiges an Zündstoff mit sich. Dass Kinder mit dem Heranwachsen Stück für Stück immer selbstständiger werden und die Eltern mehr und mehr in den Hintergrund rücken, ist ganz normal. Bei Kindern mit Neurodermitis spielt jedoch noch eine andere Komponente eine nicht ganz unwichtige Rolle: Hier verlieren Eltern zunehmend Verantwortung und Einflussnahme, die sie wegen der chronischen Erkrankung früher besonders intensiv übernehmen mussten. Das fällt den meisten schwer. Dein Kind hat jedoch über viele Jahre hinweg von dir gelernt, wie es mit seiner Neurodermitis im Alltag klarkommen kann. Nun heißt es vertrauen und loslassen.
Je mehr Freiraum du deinem Kind lässt, umso besser werdet ihr die Pubertät gemeinsam meistern. Beharrst du stattdessen darauf, dass die Behandlung der Neurodermitis weiterhin Elternsache ist, schürt dies unweigerlich Konflikte, die unter Umständen sogar in einer Therapieverweigerung münden können. Ein offenes Gespräch ist immer der beste Weg. Solltest du das Gefühl haben, allein nicht weiterzukommen, kann es sinnvoll sein, in Absprache mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt beispielsweise Beratungsangebote der Familienhilfe in Anspruch zu nehmen.

Gibt es bestimmte Regeln hinsichtlich der Ernährung?

Nach der Geburt ist Stillen die beste Ernährung , insbesondere in den ersten 4-6 Monaten. Ist dies nicht möglich, empfiehlt sich eine hypoallergene (HA) Säuglingsnahrung. Mit der Beikost kannst du nach dem vollendeten 4. Lebensmonat starten. Bei Säuglingen mit leichter Neurodermitis kann die Beikost wie bei Kindern ohne Neurodermitis aufgebaut werden. Bei einer schweren Neurodermitis und/oder starke familiäre Allergiebelastung vor, kann die Kinderärztin bzw. der Kinderarzt vor Einführung allergieauslösender Nahrungsmittel wie Ei oder Erdnuss evtl. einen Allergietest durchführen.

Unverarbeitete Nüsse sollten Säuglingen und Kleinkindern wegen der Gefahr des „Verschluckens“ übrigens generell nicht gegeben werden.12 Vorsicht ist geboten bei Fruchtsäuren (z.B. in Zitrusfrüchten), zu viel Süßigkeiten sowie in seltenen Fällen auch bei Farb- und Konservierungsstoffen, da diese den Hautzustand verschlechtern können. Sofern keine echte Nahrungsmittelallergie vorliegt, gilt jedoch: Erlaubt ist, was schmeckt! Es gibt keinen Grund, deinem Kind bestimmte Nahrungsmittel gänzlich vorzuenthalten, dies betrifft besonders Grundnahrungsmittel wie Milch. Umfangreiche Auslassdiäten sind nicht der richtige Weg, denn sie bergen das Risiko für Mangelernährung und ernstzunehmende gesundheitliche Beeinträchtigungen von Wachstum und Entwicklung. Sprich mit der behandelnden Kinderärztin bzw. dem behandelnden Kinderarzt.

Gut zu wissen: Insbesondere bei Kindern kann es zu einer sogenannten Toleranzentwicklung kommen, d.h. Grundnahrungsmittel, die zunächst Probleme machen, werden irgendwann doch vertragen, wenn sie regelmäßig auf den Speiseplan kommen. Um jedoch für schwere allergische Reaktionen gewappnet zu sein, sollten diese Versuche nur unter ärztlicher Aufsicht stattfinden.

Welche Kleidung ist empfehlenswert?

Bei Neurodermitis eignen sich am besten Stoffe , die glatt, saugfähig und luftdurchlässig sind. Verzichte möglichst auf intensiv gefärbte Stoffe. Wolle oder Felle sind ungeeignet, da sie meist auf der Haut kratzen und den Juckreiz verstärken. Um unnötiges Scheuern zu vermeiden, solltest du Schilder mit Waschhinweisen entfernen und ggf. die Kleidung auf links drehen, damit die Nähte nach außen getragen werden. Darüber hinaus gibt es spezielle Anzüge für Kinder mit Neurodermitis, die eine Hautreizung vermindern und für einen ruhigeren Schlaf sorgen können. Silberbeschichtete Materialien können zudem den Keimgehalt auf der Haut reduzieren und haben einen kühlenden Effekt. Sie verbessern nachweislich Juckreiz und Hautbild.13

Was muss ich in Bezug auf Freizeitaktivitäten beachten?

Fördere Hobbys und sportliche Aktivitäten. Sie bieten einen guten Ausgleich zur Kita und Schule, lenken dein Kind vom Juckreiz ab und lassen seine Neurodermitis-Sorgen für kurze Zeit kleiner werden. Darüber hinaus kann dein Kind hier seine Stärken demonstrieren – ein wichtiger Punkt für das Selbstbewusstsein – auch gegenüber anderen Kindern, die nicht betroffen sind. Aktivitäten in der Gruppe bieten zudem die Möglichkeit, soziale Kontakte abseits von Schule und Co. zu knüpfen. Wichtig ist dabei immer, dass die jeweilige Aktivität die Neurodermitis nicht verschlimmert. Aber auch hierfür gibt es in den allermeisten Fällen eine Lösung. So kann dein Kind beispielsweise beim Sport gute Funktionskleidung tragen, um die Haut vor Schweiß zu schützen. Im Zweifelsfall weiß die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnder Arzt Rat.

Können wir uns ein Haustier anschaffen?

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft können Hunde in Familien ohne Allergierisiko sogar vor Allergien schützen. Besteht allerdings familiär ein erhöhtes Allergierisiko, raten Expertinnen und Experten eher von Haustieren ab.14 Denn Tierhaare stellen für die meisten Menschen mit Allergien wie auch für Neurodermitis-Betroffene ein Problem dar. Die meisten Patientinnen und Patienten reagieren am stärksten auf Katzenhaare. Aber auch Kaninchen, Meerschweinchen und Co. können die Haut reizen. Möchtest du dir gern ein Haustier anschaffen, solltest du dich unbedingt mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt absprechen. Sie oder er kann das Risiko am besten einschätzen. Auch der Austausch mit einem Tierheim kann sinnvoll sein.

Wie kann ich Eifersucht bei Geschwisterkindern vermeiden?

Neurodermitis stellt eine Belastungsprobe für die gesamte Familie dar. Die charakteristischen Neurodermitis-Schübe treten bei Kindern unterschiedlich häufig auf.15 In dieser Zeit brauchen die betroffenen Kinder noch mehr Hilfe, Aufmerksamkeit und Unterstützung der Eltern als ohnehin schon, worunter die Beziehung zu Geschwisterkindern leiden kann. Ihnen kommt häufig weniger Aufmerksamkeit zu als dem erkrankten Kind.16 In der Folge kann es schnell zu Eifersucht kommen. Um dem vorzubeugen, sollten Geschwisterkinder daher, wo immer es möglich ist, miteinbezogen werden. Die Neurodermitis betrifft zwar die gesamte Familie, sie sollte aber nicht das komplette Familienleben bestimmen. Verbringt deshalb regelmäßig bewusst Zeit miteinander, indem ihr miteinander spielt oder Ausflüge macht. Kocht gemeinsam oder macht aus der Hautpflege ein Familienritual. Hast du dennoch das Gefühl, dass Geschwisterkinder sich zurückgesetzt fühlen, scheue nicht davor, die Ärztin bzw. den Arzt um Rat zu fragen. Manchmal hilft auch der Austausch mit anderen in einer Selbsthilfegruppe.

Gut zu wissen: Einige Vereine bieten gemeinsame Aktivitäten ausschließlich für chronisch erkrankte Kinder und ihre Geschwister an. Der Austausch mit Gleichgesinnten kann dem Geschwisterkind dabei helfen, Dampf abzulassen.

Muss ich Kita oder Schule über die Neurodermitis informieren?

Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, die Neurodermitis des Kindes offenzulegen. Häufig ist aber genau das der beste Weg, denn nur wenn andere um die Erkrankung mit all ihren Herausforderungen wissen, können sie dies auch entsprechend berücksichtigen. Möglicherweise tut dein Kind sich wegen des ausgeprägten Juckreizes schwer, über längere Zeit stillzusitzen oder es kann sich nicht so gut konzentrieren, weil es nachts nicht zur Ruhe kommt. Wenn es dafür von Lehrerinnen und Lehrern gerügt wird, wäre das sicherlich nicht richtig.

Oft fehlen Kinder mit Neurodermitis auch häufiger als Nicht-Betroffene. Mitschülerinnen und -schüler sowie andere Kinder zu informieren, baut Vorurteile und Berührungsängste ab und vermeidet unter Umständen auch Hänseleien. Schul- und Spielgefährten sollten wissen, dass Neurodermitis eine nicht ansteckende Hauterkrankung ist. Denke auch an möglicherweise bestehende Begleiterkrankungen. Viele Patientinnen und Patienten mit Neurodermitis leiden gleichzeitig an Allergien oder allergischem Asthma. Dies zu verschweigen, kann gefährlich werden – etwa beim Mittagessen in der Kita, wenn das Kind auf bestimmte Nahrungsmittel allergisch reagiert oder wenn die körperliche Anstrengung im Sportunterricht einen Asthmaanfall auslösen kann.

Wie unterstütze ich mein Kind, wenn es von anderen gehänselt oder ausgegrenzt wird?

Soziale Ausgrenzung ist immer schmerzhaft. Wenn aber das eigene Kind zum Opfer wird und das aufgrund einer Hauterkrankung, für die es nichts kann, sind die meisten Eltern umso betroffener. Wichtig in dieser Situation ist, dass dein Kind von dir, dem Rest der Familie sowie seinen Freunden aufgefangen wird. Stärke sein Selbstbewusstsein, indem du dein Kind zeigst, was es alles kann und was für ein toller kleiner Mensch in ihm oder ihr steckt. Sprich das Thema bereits frühzeitig bei Erzieherinnen und Erziehern sowie bei den Lehrerinnen und Lehrern an. Hilf deinem Kind darüber hinaus dabei, die Neurodermitis als Teil von sich zu akzeptieren. Eine positive Krankheitsbewältigung erleichtert den Umgang mit der Erkrankung. Scheu dich nicht davor, die Ärztin bzw. den Arzt oder auch eine Psychologin bzw. einen Psychologen aufzusuchen.

Was muss ich in Bezug auf Impfungen beachten?

Standardmäßige Schutzimpfungen sollten unabhängig von der Neurodermitis immer durchgeführt werden. Einzig bei Grippeschutzimpfungen oder Impfungen gegen Gelbfieber ist Vorsicht geboten, wenn eine Hühnereiweißallergie vorliegt. Letztere wird in nationalen und internationalen Leitlinien zwar nicht mehr als Kontraindikation genannt, Kinder mit klinisch sehr schwerer Hühnereiweißallergie (z.B. anaphylaktischer Schock nach Genuss von geringsten Mengen von Hühnereiweiß) sollten jedoch unter besonderen Schutzmaßnahmen und anschließender Beobachtung (ggf. im Krankenhaus) geimpft werden.17

Hilfe und Unterstützung

Wo finde ich weitere Unterstützung?

Selbsthilfegruppen für Neurodermitis-Betroffene und Familienangehörige bieten eine gute Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Viele Familien profitieren davon, wenn sie merken, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind. Nicht umsonst heißt es „geteiltes Leid ist halbes Leid“. Anlaufstellen, die Ihnen Unterstützung bieten, sind z.B.:

  • SHG Neurodermitis und Psoriasis Ostheim vd. Röhn: http://www.shgostheim.de/
  • ANAT Allergie-, Neurodermitis- und Asthmahilfe Thüringen e.V.: http://anat-ev.de/
  • Arbeitsgemeinschaft Allergiekrankes Kind – Hilfen für Kinder mit Asthma, Ekzem oder Heuschnupfen (AAK) e.V.: http://www.aak.de
  • Bundesverband Neurodermitis-Kranker in Deutschland e.V. Selbsthilfegruppe für Neurodermitis-, Asthma-, Allergie-, Vitiligo- und Psoriasis-Kranke: http://www.neurodermitis.net/
Wie antwortest du, wenn dein Kind dich fragt, was Neurodermitis eigentlich ist?

Mittlerweile gibt es einige Bücher und Webseiten, die Neurodermitis kindgerecht erklären:

Dich interessiert, wie andere Familien mit Kindern, die an Neurodermitis erkrankt sind, ihren Alltag managen?

Die folgenden Blogs geben einen guten Einblick in das Familienleben mit der Hauterkrankung:

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es im Zusammenhang mit der Neurodermitis?

Damit dein Kind in der Schule und Ausbildung die gleichen Chancen hat wie andere Kinder, kannst du bei der Schule oder Ausbildungsstätte einen Nachteilsausgleich beantragen. Lehrerinnen und Lehrer können deinem Kind dann beispielsweise für Klassenarbeiten mehr Zeit einräumen und damit Leistungsdruck vermeiden. Oder dein Kind darf den Sport- und Schwimmunterricht vorzeitig verlassen, damit es genügend Zeit hat, Schweiß oder Chlorwasser abzuwaschen und die Haut zu pflegen. Dabei sollte insbesondere gegenüber Mitschülerinnen und Mitschülern immer klargestellt werden, dass es sich hierbei nicht um eine Bevorzugung handelt, sondern um einen Ausgleich von Nachteilen, die krankheitsbedingt entstehen.
Weitere Informationen erhältst du beispielsweise auch über das zuständige Versorgungsamt, wo der Schwerbehindertenausweis beantragt wird. Anträge stehen je nach Bundesland auch im Internet zum Download zur Verfügung. Je nach Grad der Behinderung (GdB) ergeben sich daraus auch für dich als Eltern steuerliche Vergünstigungen, beispielsweise durch Pauschbeträge.

Gut zu wissen: Krankheitsbedingt kann es vermehrt zu Fehlzeiten in der Schule kommen. Nicht immer fällt ein notwendiger Reha-Aufenthalt in die Ferienzeit. In bestimmten Reha-Kliniken erhalten Kinder mit Neurodermitis aber auch während ihres mehrwöchigen Aufenthaltes Schulunterricht. Tausch dich zusätzlich immer mit den Lehrerinnen und Lehrern der Heimatschule aus. Sie können dir in der Regel die Unterrichtsmaterialien zukommen lassen, damit nicht zu viel Lehrstoff verpasst wird.

Welche Hilfsangebote stehen meinem Kind und mir zur Verfügung?

Als Eltern eines Kindes mit Neurodermitis wirst du mit einer Flut an Informationen überschüttet.  Da den Überblick zu behalten, ist gar nicht so leicht. Die Erkrankung stellt das Familienleben stark auf die Probe.18

Neben den physischen und psychischen Belastungen der Neurodermitis durch Schlafmangel, Schlafstörungen sowie Stress zeigt sich der enorme Einfluss der Hauterkrankung auch finanziell in Form von Ausgaben für Medikamente und Emulsionen oder spezielle Kleidung z.B. aus Naturfasern. Allergien erfordern einen veränderten Lebensstil, z.B. bei der Ernährung und speziellen Waschmitteln, wenn es um die Vermeidung relevanter Triggerfaktoren als Auslöser eines Schubs geht. Dadurch kommt die Freizeit oft zu kurz. 18 Die gute Nachricht ist allerdings: Es gibt viele Angebote, die dir den richtigen Umgang mit der Erkrankung im Alltag erleichtern. Schulungen wie die vom AGNES e.V. sind mit verschiedenen Schwerpunkten versehen – beispielsweise nur für Eltern, für Kinder mit Eltern oder für Jugendliche. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen.

Gut zu wissen: Bis zu einem Alter von 12 Jahren übernehmen die Krankenkassen bestimmte Pflegeprodukte, die die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt deinem Kind verordnet. Ebenso kannst du einen Reha-Aufenthalt in besonders hautfreundlichen Regionen über die Krankenkasse beantragen. Entsprechende Angebote für Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen wie Neurodermitis bietet z.B. die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Rehabilitation und Prävention (DGPRP) unter www.kinder-und-jugendreha-im-netz.de.

In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und zwar dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Neurodermitis. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Warum sich also mit weniger zufriedengeben? Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!

Quellen